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„Böhse Onkelz“ bei Cohn-Bendit

■ Das Frankfurter Multikulti-Dezernat versuchte Dialog mit der Rechts-Band/ Laute und leise Proteste auf einer Pressekonferenz/ Band fühlt sich mißverstanden

Frankfurt (taz) – Die Wellen im Frankfurter Römer schlugen gestern nachmittag – drei Stunden vor der abendlichen Lichterkette – ziemlich hoch. Gegen den ausdrücklichen Willen des Oberbürgermeisters Andreas von Schoeler (SPD) hatte der grüne Stadtrat und Multikulti-Dezernent Daniel Cohn-Bendit zur Pressekonferenz gebeten. Die Musiker der rechtslastigen Rockband „Böhse Onkelz“ übten sich recht unbeholfen in Selbstkritik. Dazugekommen waren die Konzertveranstalter David Lieberberg und Fritz Rau auf der einen, eine Gruppe der Antifa auf der anderen Seite. Sie alle wandten sich, die einen mit eindringlichen Argumenten, die anderen mit einem Transparent und umfallenden Aktenschränken, gegen den Besuch der Musiker. Lieberberg forderte die Band ebenso zu einer Namensänderung wie zu Konzerten gegen Gewalt und Rassismus auf. Er mochte ihnen nicht unbesehen glauben, daß sie sich als Einheizer- Gruppe militanter Skinheads wirklich gewandelt hätten. Michel Friedmann von der Jüdischen Gemeinde vermutete einen „Promotion-Trick“. Die „Onkelz“ wiederum erklärten ihre Texte von „Deutschland den Deutschen“ bis „Türkenfotze kahlrasiert“ zu „Jugendsünden“, für die sie sich zu Unrecht immer wieder verantworten müßten. Der Vorstand der Grünen wünschte sich, daß der Versuch des Ausstiegs der Gruppe goutiert „und nicht die Hand weggeschlagen“ werde. Cohn-Bendit verteidigte sein schwieriges Unterfangen als Versuch, Menschen den Ausstieg aus der Gewalt zu ermöglichen. Er erinnerte an eine Initiative, die in den 80ern dem RAF- Aussteiger Klein geholfen hatte. Die Böhsen Onkelz wiederum reklamierten für sich die verfolgte Unschuld, die von einer „Konzert- Mafia“ fertiggemacht und boykottiert werde. Der Versuch der Verständigung endete in Ratlosigkeit, die sich nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung etwas löste, als die Band blauäugig erklärte, sie hätte gern Konzerte für multikulturelle Jugendzentren gegeben, aber „nicht gedurft“. Ob sie denn, fragte ein Kritiker, „eine Massenprügelei“ riskieren wollten? Nein, „nur wieder auftreten können“. Sänger/Texter Stefan Weidner: „Gewalt ist Scheiße. Die habe ich schon als Kind zu viel eingesteckt und ausgeteilt.“ Heide Platen

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