■ Mit Veranstalterreisen auf du und du: Deutsche Touris jetten in fernere Gefilde
Berlin (taz) – Alle jammern und klagen über die Rezession– die Reisebranche sonnt sich in ihrer Erfolgsbilanz. 68 Prozent der BewohnerInnen Deutschlands verließen mindestens einmal für mehrere Tage ihre heimischen vier Wände. Im Durchschnitt gaben sie dabei 1.200 Mark aus – ein Wert, der angesichts der immer beliebter werdenden Fernreisen, vor allem nach Florida, in die Karibik und nach Thailand, aber eher von statistischem Interesse ist. Dabei „beglücken“ die Deutschen zunehmend andere Länder mit ihrem Besuch: überquerten 1969 nicht einmal 40 Prozent der UrlauberInnen die Grenzen, so reisen mittlerweile rund zwei Drittel ins Ausland.
Auch die Zahl derer, die die mit den Ferien verbundene Vorarbeit lieber anderen überlassen, nimmt zu: Fast 15 Millionen buchten in diesem Jahr eine Pauschalreise, das sind 17,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Manager von TUI, LTT, NUR und 43 anderen Reiseveranstaltern konnten sogar noch einen draufsetzen: Fast 16 Milliarden Mark Umsatz haben sie verbucht – das ist eine Steigerungsrate von 22 Prozent im Vergleich mit dem Vorjahr.
Vor allem die Ostdeutschen bescherten den Reiseveranstaltern dieses freudige Ergebnis: Mehr als doppelt so viele von ihnen reisten per Konzern. Und auch sie kommen immer mehr auf den Trip, das Urlaubsziel auf dem Luftweg anzusteuern. Mehr als jede zweite Pauschalreise, die in den neuen Bundesländern verkauft wird, beginnt auf einem Flughafen; in Westdeutschland sind es sogar 64 Prozent.
„Aber auch erdgebundene Ziele, die mit Bus oder Pkw angesteuert werden, laufen gut“, berichtet Robert Rethfeld vom Deutschen Reisebüro-Verband. Was dem einen eine freudige Nachricht, ist für andere eine Horrormeldung: denn aus ökologischer Sicht ist die Reisefreudigkeit der Deutschen eine Katastrophe. Es gibt Forscher, die das Ozonloch zu einem erheblichen Teil auf den Flugverkehr zurückführen. Und die Klimaveränderung durch CO2- Ausstoß aus den Auspuffrohren dürfte inzwischen jedem Kleinkind bewußt sein. Aber genau um diesen Problemen zu entgehen, um den Krach und Gestank einmal hinter sich zu lassen und das Nachdenken darüber, um einmal nur im Hier und Jetzt zu sein – deshalb machen wir ja Urlaub. Oder? aje
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