: Stasi-Akten im Keller der Ajatollahs?
■ Wurden 1989 Unterlagen über eine Schalck-Verwicklung in Rauschgiftgeschäfte nach Teheran geschafft?
Bonn (taz) – Brisante Akten aus dem ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit (MfS), die in den letzten Tagen der DDR von Stasi- Agenten außer Landes geschafft wurden, liegen heute möglicherweise in den Kellern des iranischen Geheimdienstes in Teheran. Im Dezember 1989 ging beim Bundesnachrichtendienst (BND) in Pullach eine Meldung aus Teheran ein: „Bekanntermaßen hat die DDR-Staatssicherheit während des Umsturzes in der DDR eine Anzahl Akten nach RUM (Rumänien, d. Red.) übersandt. Staatspräsident Ceaușescu hat einige dieser Akten mit nach Teheran genommen und iranischen Sicherheitskreisen übergeben. Inhalt der Unterlagen ist die Verwicklung des DDR-Devisenbeschaffers Schalck-Golodkowski in die Iran- Contra-Affäre. Schalck-Golodkowski hatte Waffentransporte über eine DDR-Schiffahrtsgesellschaft mit Sitz in Larnaca/Zypern organisiert. Auch Rauschgifttransporte sollen mit Wissen Schalck- Golodkowskis durchgeführt worden sein.“
Die Nachricht war als „unbestätigte Meldung aus operativem Aufkommen“ ausgewiesen. Die Verwicklung des SED-Goldfingers Schalck-Golodkowski beziehungsweise seines Untergrundimperiums „Kommerzielle Koordinierung“ in Rauschgiftgeschäfte hält sich hartnäckig als Gerücht. Beweise gibt es dafür bis heute keine. Daß sich westliche Waffenschieber im Rahmen der Iran-Contra-Affäre bei Schalcks Waffenhandelsfirma IMES bedient haben, ist erwiesen. Unklar ist aber, wieviel Schalck und seine Leute von den Hintergründen der brisanten Deals wußten.
Doch was immer BND-Informanten auf dem Teheraner Gerüchte-Basar auch aufgeschnappt haben mögen: Tatsächlich unterhielt die DDR auf Zypern die Firmen IAC Cyprus und IAC Trading & Shipping. Chef dieser DDR-Ableger war der Rostocker Generaldirektor des AHB Schiffscommerz und Schalck-Vertraute Dr. Klaus Dieter Junge.
Der ist in Pullach ein alter Bekannter: „Über den AHB Schiffscommerz“, so vermerkten die Bundesspäher schon vor Jahren, „wurden auch Waffen und militärische Ausrüstungsgegenstände (...) in alle Welt verbracht.“ Über eine Hamburger Schiffsmaklerei pflegte Junge auch Geschäftsbeziehungen mit der in die Affäre um die illegale Lieferung von U-Boot- Konstruktionsplänen nach Südafrika verwickelten Kieler Firma Howaldtswerke Deutsche Werft AG (HDW). thosch
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