Grüne sehen Fälschung

■ Schwere Vorwürfe an Senat wegen des Sony-Gutachtens / Fraktion fordert Sondersitzung des Vermögensausschusses

Berlin. Die Fraktion der Grünen/Bündnis90 erhebt wegen des letzte Woche vorgelegten Gutachtens zum Sony-Grundstück am Potsdamer Platz schwere Vorwürfe gegen den Senat: Er habe das ursprüngliche Ergebnis des Gutachterausschusses verfälscht, um die EG-Kommission zu täuschen. Wie der Abgeordnete Bernd Köppl gestern gegenüber der taz erklärte, werde seine Fraktion eine Sondersitzung des Vermögensausschusses beantragen. Dort soll den Parlamentariern das Gutachten vorgelegt werden, das die EG-Kommission letzte Woche erhielt, um zu prüfen, ob es sich bei dem Grundstücksgeschäft um eine verbotene staatliche Beihilfe handelt. Zudem soll der Autor, der Gutachterausschuß für Grundstückswerte in Berlin (GGB), gehört werden.

Dieser hatte sich letzte Woche verärgert gezeigt, da Wirtschaftssenator Norbert Meisner öffentlich den Eindruck vermittelt hatte, daß nunmehr vom GGB ein Grundstückswert ermittelt worden sei, der bei der Hälfte der im August vom gleichen Gremium festgestellten 260 Millionen Mark liege. Die Gutachter halten nach wie vor diese 260 Millionen Mark für den korrekt errechneten Verkehrswert. Die 130 Millionen Mark wurden auf Basis von Teilkalkulationen, die sie auf Nachfrage der Finanzverwaltung anstellten, von der Bauverwaltung errechnet. Die EG-Kommission hat, nach Auskunft der Finanzverwaltung, dazu keinen Auftrag erteilt.

Die EG-Kommission hatte allerdings auf ein Gutachten von einer „völlig unabhängigen Stelle wie dem GGB“ bestanden. Deshalb mutmaßt Köppl, daß der Senat, nachdem er den Gutachterausschuß nicht zur Revision seiner ursprünglichen Verkehrswertberechnung vom August überreden konnte, für die Teilgutachten solche Vorgaben machte, daß das bedeutend niedrigere Ergebnis von vornherein feststand. Diese „Täuschung“ ist, nach Köppls Ansicht, um so ärgerlicher, als die EG immerhin feststelle, welche Summe Sony unter Umständen an das Land nachzahlen müsse. Hier vertrete die EG die Interessen des Landes anscheinend gegen den Senat. Von seiten der Wirtschaftsverwaltung weist man den Manipulationsvorwurf zurück. Wie der für EG-Angelegenheiten zuständige Referatsleiter Jochen Bethkenhagen gestern erklärte, sei der EG- Kommission „ein Gutachten mit zwei Teilgutachten“ übermittelt worden. Der Wert von 260 Millionen Mark sei, auch nach Einschätzung des GGB, so zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit Sony nicht feststellbar gewesen. Das sei der EG so mitgeteilt worden. Wir spielen da, so Bethkenhagen, „voll mit offenen Karten“. Dieter Rulff