: Überfälle als Antifa-Strategie?
■ Hellersdorfer Jugensamtsleiter sucht Dialog mit Autonomen / Gibt es eine Liste mit Angriffszielen? / Angst vor neuer Attacke auf den angeblichen "Rechtentreff" U 5
Hellersdorf. In der autonomen Szene kursiert eine Liste mit dem Namen und der Anschrift angeblich „rechter“ Jugendclubs, mit denen „abgerechnet“ werden müsse. Das hat der Leiter des Hellersdorfer Amtes für Jugendförderung, German Meneses, aus zuverlässigen Kreisen erfahren. Auch zwei Jugendclubs aus Hellersdorfs befänden sich auf dieser Liste. Einer davon sei der Club U5 am Auerbacher Ring, der, wie berichtet, bereits kürzlich attackiert wurde: Am Samstag, 19. Dezember, hatten rund 70 vermummte Personen jugendliche Discobesucher des Clubs auf der Straße mit Äxten und Eisenstangen zusammengeschlagen. Bislang war immer die Rede von 20 Vermummten gewesen. Meneses korrigierte diese Angabe gestern, nachdem er sich noch einmal eingehend bei Augenzeugen sachkundig gemacht hatte. Die Existenz der Liste hat ihn in seiner anfänglichen Vermutung bestärkt, daß die Täter in den Kreisen der autonomen Gruppen zu suchen sind. Dabei ist er sich jedoch vollkommem im klaren darüber, daß es große Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen gibt.
Wie berichtet, hatten die Täter am 19. Dezember gedroht, beim nächsten Mal aus dem U5 „ein Feuerwerk“ zu machen. Nun geht die Angst um, daß der Club in der heutigen Silvesternacht erneut zur Zielscheibe werden könnte. Der Leiter des Amtes für Jugendförderung intepretiert die erste Attacke als eine Art Probe für einen Großangriff. Die Polizei hat inzwischen zugesagt, daß sie den Club, in dem eine Silvester-Fete steigt, im Auge behalten will. Aber das ist German Meneses nicht genug. Mit einem Aufruf versuchte er, den Autonomen zu vermitteln, daß weder der U5 noch ein anderer auf der Liste genannter Hellersdorfer Club „rechte Einrichtungen“ seien, appellierte daran, die Clubs in Ruhe zu lassen und mit ihm in einen Dialog zu treten.
Eine Reaktion blieb bislang jedoch aus. Meneses hofft nun, seine alten Kontakte in der linken Szene mobilisieren zu können und über Alt-Autonome, die er noch aus der Hausbesetzerzeit kennt, Zugang zu den größtenteils vermutlich sehr jungen Leuten zu bekommen, die die Überfalle auf Jugendclubs gutheißen. Der 45jährige ist gebürtiger Peruaner mit deutscher Staatsbürgerschaft, hat 1978 die AL mitbegründet, war im traditionell linken Internationalismus-Bereich tätig und gehörte bis 1990 als ausländer- und flüchtlingspolitischer Sprecher der letzten Bundestagsfraktion der Grünen an.
Wenn es ihm gelingt, mit Hilfe der Alt-Autonomen Kontakt zu bekommen, möchte Meneses in einem Jugendclub oder anderswo eine öffentliche Diskussion über den Sinn und Unsinn anzetteln, politische Auseindersetzungen zwischen Rechts und Links auf Kosten der Jugendclubs auszutragen. Die Clubs zu zerstören, würde bedeuten, die Jugendlichen erst recht in die Arme der Rechtsradikalen zu treiben. Schließlich sei es schon jetzt so, daß sich die Mehrzahl der Heranwachsenden – sei es aus Mode oder wegen sozialer Probleme – zunehmend nach rechts orientierten. „Der beste Jugendschutz“, so Meneses, „ist die Prävention. Wir Sozialarbeiter können es uns einfach nicht leisten, die riesige Masse der jugendlichen Mitläufer auszugrenzen, sondern müssen mit ihnen arbeiten, auch wenn es den Linken schwerfällt.“ Plutonia Plarre
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