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Wirtschaft auf Achterbahn-Kurs

Mit Öl-Konzernen und Öko-Multis geht es bergab, nur  ■ Hamburgs Medien boomen

Jahreswende: Prognosezeit. Rechtzeitig zum neuen Jahr erstellten Politiker und Wirtschaftsexperten ihr persönliches Horoskop für die Entwicklung der Hansestadt in den kommenden 12 Monaten. So orakelte Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau Mitte der Woche vor Journalistinnen, daß der Wohnungsbau auch 1993 zu den vordringlichen Problemen gehören werde. So müsse es darum gehen, Es „die enge Stadtstaatengrenze zu durchbohren“ und auf Flächen der Nachbarländer neue Standorte für den Wohnungsbau zu erschließen.

Doch auch von dort kommen Klagen über die anwachsende Wohnungsnot. In Schleswig-Holstein sind laut Sozialminister Günther Jansen 7000 Menschen ohne ausreichende Unterkunft. Am Sylvestertag forderte der Präses der Handelskammer Klaus Asche deshalb, Kleingartenflächen nicht zum Tabu zu erklären.

Trotz Wohnraummangel erwartet Klaus Krämer vom Norddeutschen Baugewerbeverband im kommenden Jahr eine abnehmende Bautätigkeit. Nur wenn der Senat seine Anstrengungen für den Wohnungsbau verstärke, werde man ausreichend ausgelastet sein, prognostizierte Krämer am vergangenen Dienstag in der Hansestadt.

Krisengestöhne begleitet auch den Jahresausblick der Mineralölindustrie. So plant die Mobil Oil AG in Hamburg bis 1995 120 Arbeitsplätze abzubauen. 1992 habe sich die Ertragslage in der Branche deutlich verschlechtert, schreibt der Vorstand in der gerade erschienenen Ausgabe der Hauszeitschrift des Öl-Unternehmens. Bei der Hamburger Esso AG werde es zwar Rationalisierungen, aber keine Entlassungen geben, beteuerte hingegen der Vorstandsvorsitzende Thomas Kohl am Montag in der Bild- Zeitung, obwohl die Krise der Autoindustrie im nächsten Jahr die Ölindustrie erreichen werde.

Optimistisch blickt hingegen die Hamburger Medienwirtschaft in die Zukunft, kann sie derzeit doch ein Rekordwachstum. verbuchen. Laut jüngsten Berechnungen der Handelskammer steigerten Agenturen und Filmbetriebe ihren Umsatz deutlich über dem Hamburger Branchendurchschnitt. Auch die Hamburger Sparkasse meldet ein erfolgreiches Jahr. Für das kommende Jahr rechnet Vorstandssprecher Karl-Joachim Dreyer allerdings mit einer Abschwächung des Wachstums.

Auch an Greenpeace geht die Flaute nicht vorbei. Der „Öko- Multi“ bedauert es nach eigener Mitteilung sehr, daß die Hamburger Zentrale mindestens 18 engagierte Mitarbeiter verlassen müssen. Der Grund dafür: 1993 scheint ein Spenden-Rückgang unvermeidlich. Vera Stadie

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