Das Scheitern der Mölle-, Hauss- und Bangemänner

■ Bis zur Briefbogenaffäre war Möllemann keinesfalls die größte Fehlbesetzung

Kaum je war einem Bundesminister beim Amtsantritt so wenig Fachkompetenz bescheinigt worden wie dem gelernten Hauptschullehrer Jürgen W. Möllemann. Zum großen Erstaunen der Beamten im Wirtschaftsministerium und der Bonner Industrielobby erwies sich der 47jährige jedoch nicht als katastrophale Fehlbesetzung. Es gelang ihm sogar, in Fachkreisen vieles an Imageverlust wieder aufzuholen, an dem seine liberalen Amtsvorgänger hart gearbeitet hatten.

Der Abstieg des Wirtschaftsministeriums, das lange von den großen Namen Ludwig Erhard („Mr. Wirtschaftswunder“, CDU) und Karl Schiller (SPD) zehrte, begann in der zweiten Amtsperiode des kriminellen Parteispenders Otto Graf Lambsdorff. Der Marktgraf galt zwar als überzeugender Wirtschaftsfachmann, mußte aber nach der Flick-Affäre am 26.Juni 1984 – ohne sich einer Schuld bewußt zu sein – vom Amt zurücktreten.

Nachfolger Martin Bangemann, Wirtschaftsminister vom 27.Juni 1984 bis 8.Dezember 1988, schielte einen Großteil seiner Amtszeit vor allem nach Brüssel, um dort den Posten eines EG-Kommissars zu ergattern. Beobachtern fiel er durch offensichtliche Lustlosigkeit auf. Und sein glückloser Nachfolger Helmut Haussmann war offenbar seine gesamte Minister-Periode lang (9.Dezember 1988 bis 18.Januar 1991) vom Genehmigungsverfahren Daimler-MBB gelähmt: Daß er gegen das Votum aller Wettbewerbsfachleute der Übernahme des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns durch den Autobauer die Ministererlaubnis gab, war dabei nicht einmal seine eigene Idee gewesen, sondern noch von Bangemann und Bundeskanzler Kohl mit den Daimler-Konzernherren fest verabredet worden.

Nach seinem Abschied vom Ministeramt brauchte Haussmann ein gutes Jahr, bis er einen einigermaßen lukrativen Posten in der Wirtschaft gefunden hatte.

Dynamiker Möllemann brachte sein Ministerium immerhin wieder ins politische Gespräch. Seine (nicht eingelöste) Rücktrittsdrohung für den Fall, daß nicht mindestens 10 Mrd. DM an Subventionen eingespart würden, brachte zumindest die üppigen Alimente für die Industrie wieder ins öffentliche Bewußtsein. Im Wirtschaftsressort schaffte es der Hobby-Fallschirmspringer, der sich in seiner Zeit als Staatsminister im Auswärtigen Amt vor allem für seine Unternehmerfreunde aus der Deutsch-Arabischen Freundschaftsgesellschaft eingesetzt hatte, eine allzugroße Nähe zur Wirtschaft zu vermeiden – bis zur Briefbogenaffäre: Da blieb der Nachfolger von Mr.Lustlos und Herrn Glücklos angeblich völlig ahnungslos. Donata Riedel