Kevin schießt Bäume um

■ „Bodyguard – Der Leibwächter“ von Mick Jackson

Eigentlich sollte der Film 1975 gedreht werden, mit Steve McQueen in der Hauptrolle und irgendeiner Farbigen als Farbige. Mit einem weißen Haudegen und reichlich Soulmusik als Soundtrack im Hintergrund. Der organisierte Widerstand in Harlem, Bronx und Berkely hatte der Unterhaltungsindustrie weichen müssen. Damals war die Black-Panther-Bewegung gerade zerschlagen und Patty Hearst aus den Fängen ihrer Kidnapper, der „Symbionese Liberation Army“, befreit worden. Das Filmthema hätte auf aberwitzige Weise die realen Verhältnisse auf den Kopf stellen können: Der weiße Mann schützt den geliebten Körper einer farbigen Frau. Hippie-Utopie als Popwirklichkeit. Nicht einmal Antonioni durfte in „Zabriskie Point“ davon träumen. Der Filmstoff wurde abgelehnt, das Gegenteil verkaufte sich besser: „Shaft“, „Superfly“ oder „Heiße Hölle Harlem“.

Auch 20 Jahre später funktioniert die Wiederaufbereitung des politisch verwirrenden Melodrams als leichte Krimikost nur mäßig. Zwar gibt sich „Bodyguard“ Kevin Costner alle Mühe, den „Star“ Whitney Houston nach allen Regeln des Nahkampfes vor der Mißgunst ihrer liebestechnisch vernachlässigten Schwester und anderer Psychopathen zu bewahren. Doch warum er dafür ihre Luxusvilla in Beverly Hills zur uneinnehmbaren Festung mit totaler Videoüberwachung und Starkstromumzäunung aufrüstet, bleibt schleierhaft. Die Gründe zumindest sind spärlich: ein paar böse Briefe, fremde Spermaflecken auf den Seidenlaken – selbst in „Denver“ fliegen die Fetzen des Privaten mit mehr Gewalt.

Ziemlich unbedarft wankt der stille Kämpfer durch das vermeintliche Labyrinth aus Morddrohungen und Intrigen, ohne daß auch nur für den Bruchteil einer Sekunde die angeblich überall lauernde Gefahr eines Attentats zu spüren ist. Zunächst nur als Paranoia-Visionen des vereinsamten Vietnamveteranen angelegt, wird aus der einzig ihm verbliebenen Passion des „Search and Destroy“ auf merkwürdigen Schleichwegen endlich eine Berufung, als der imaginierte Killer plötzlich doch noch ins Geschehen eingreift. Ein Motorboot explodiert, wenig später ereilt die neidische Schwester das von Anfang an erahnte Schicksal. Kevin schießt mehrere Bäume um. Den Täter trifft er erst im panikartigen Getümmel, als seiner Auftraggeberin der finale Oscar verliehen werden soll. Genau zwischen die Augen. Hollywood und Vietnam verschmelzen ein letztes Mal. Am Ende bleibt ein mehr oder weniger durch Zufall angeschossener Costner übrig, der seine nächste Anstellung bei einem Geistlichen findet, während bereits die Abspannmusik läuft. Immerhin wird ihm dort erspart bleiben, worüber er irgendwann zu Beginn mit einigen Zunftgenossen des FBI in der Freizeit lamentiert: daß heutzutage Amerikaner nicht mehr Präsidenten schützen, sondern auf Juden, Schwarze und Südamerikaner aufpassen müssen. Vielleicht ist der ansonsten nichts sagende Bodyguard nur das Sinnbild für eine tieferliegende Verachtung, die der Film mit dieser Szene hochspült und apathisch als äußerst bedenkliche Grundstimmung bestehen läßt. Donald Sutherland spielt solche Rollen aber um Längen besser. Karl Wegmann

Mick Jackson: „Bodyguard – Der Leibwächter“. Mit Kevin Costner, Whitney Houston, Debbie Reynolds u.a. USA 1992, 130 Min.