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: Leistungszeugnis

Vierteiler „Der große Bellheim“, 1.1., 3.1., 4.1., 6.1., ZDF, jeweils 19.20 bzw. 19.25 Uhr

Das „Jahr der Senioren“ ist verordnet, auch im Fernsehen. ZDF-Intendant Stolte weiß, daß er auf die ältere Generation als sein treuestes Publikum zählen kann. In seiner Neujahrsansprache erzählte er der öffentlich-rechtlichen Fangemeinde Geschichten aus dem privaten Reich des Bösen: Für die Kommerzsender seien „Musiksendungen, die ein Publikum über 50 ansprechen, wirtschaftlich uninteressant“. Nach diesem Satz war der anschließende „Große Bellheim“ als ZDF-Leistungszeugnis mit Kalkül plaziert. Vier Zeugen des Jahrhunderts, Mario Adorf (62), Will Quadflieg (78), „Ekel Alfred“ Heinz Schubert (67) und Hans Korte (63), sind darin die „Golden Boys“, die die marode „Bellheim“-Kaufhauskette wieder flottmachen.

Rund 18 Millionen Mark haben die Macher für Dieter Wedels Vierteiler hingeblättert. Zum Vergleich: Der Kinofilm „Schtonk“ kostete zwölf Millionen. Auch wenn man sich fragen muß, warum die niedersächsische Filmförderung aus ihren Töpfen eine Million für das TV-Projekt beisteuerte, im Kontrast zu den Umtata-Sendungen aus dem Programmumfeld hat sich diese Investition der Produktionsgemeinschaft europäischer Fernsehsender gelohnt.

Angesichts der Qualitäten in Buch, Regie und Schnitt seien „Bellheim“ einige Mängel nachgesehen. So muß sich das Publikum angesichts der vitalen Altherrenriege nach 460 Sendeminuten fragen, warum die Ruhestandsgrenze nicht bei 70 liegt. Wedel beschwört den Gründerzeitmythos, die Alten haben immer recht. Den guten Oldies kann selbst ein böser Yuppie nicht das Wasser reichen: Als Börsenspekulant Rottmann glänzt Heinz Hoenig und läßt die Zweireiher seiner Gegenspieler durchschwitzen, bevor am Ende sein eigenes Deodorant versagen muß. Und die Frauen? Sie bleiben in erster Linie Gattinnen, Sekretärinnen, Geliebte oder Karrieristinnen wie Börsenhexe „Lady“ Leslie Malton. Keine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad.

Dennoch war das Unterhaltungsstück vor allem dank der schauspielernden Viererbande spannender als eine ganze Staffel „Schaukelstuhl“. Wenn die Welt der Kurse an der Börse und Sonderangebote im Kaufhaus trotz Verwendung alter und neuer Klischees zu einem vielschichtigen Wirtschaftskrimi verflochten werden, haben wir nichts gegen Fernsehen 50-plus. Hätte das ZDF nicht gleich nach dem „Bellheim“- Start die Dampfschiffahrtskapitäns-Saga „Donauprinzessin“ zu Wasser gelassen. Da war wieder alles beim alten, denn diese neue Serie ist so innovativ und fesselnd wie alles im Stil der fünfziger Jahre. Sabine Jaspers