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Bushs Geschenk für Clinton

US-Haushaltsdefizit noch weit höher, als bisher offiziell verkündet/ Der zukünftige Präsident wird von Wahlversprechen abrücken  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Keine drei Jahre ist es her, da versprach ein neugewählter Präsident George Bush dem Volk, das Haushaltsdefizit abzubauen. Im Haushaltsjahr 1993, so Bush damals, würden erstmals alle Ausgaben durch Einnahmen gedeckt sein und am Ende gar ein bescheidenes Sümmchen in der Staatskasse übrigbleiben.

Es kam etwas anders, wie man inzwischen weiß. Am Mittwoch schritt Bushs Budgetdirektor Richard Darman zur letzten Amtshandlung und präsentierte einen haushaltpolitischen Rück- und Ausblick: Bill Clinton erbt für das laufende Haushaltsjahr ein Rekorddefizit von 327 Milliarden Dollar. Für das Jahr 1994 prognostiziert Darman ein Loch von 292 Milliarden Dollar, das bis 1997 wieder auf 305 Milliarden anwachsen wird.

Die Demokraten halten diese Berechnungen allerdings für wertlos, weil sie auf der Annahme basieren, daß Ausgaben im Sozial-, Gesundheits- und Erziehungsbereich über die nächsten fünf Jahre eingefroren und nicht einmal an die Inflationsrate angeglichen werden. Kalkuliert man die Angleichung an die Inflationsrate mit ein, dann würde das Haushaltsdefizit 1997 die Schallmauer von 400 Milliarden Dollar erreichen – vorausgesetzt, die Ausgabenpolitik läuft weiter wie bisher. Die Gesamtverschuldung der USA würde demnach bis 1998 auf 4,8 Billionen (=4.800.000.000.000) Dollar anwachsen. Allein 308 Milliarden Dollar müßte Washington dann jährlich für Zinszahlungen aufbringen. 1992 waren es „nur“ 199 Milliarden Dollar – eine Summe, die höher ist als der Haushaltsposten für Medicaid und Medicare, die staatlichen Gesundheitsversicherungsprogramme für Alte und Arme.

In Little Rock, Arkansas, zur Zeit noch Herberge des Clinton- Teams und inzwischen eine Art zweite Hauptstadt des Landes, hielt man mit der Empörung über diese vermeintliche Überraschung nicht hinterm Berg – obwohl jeder seit Sommer um die Defizitzahlen weiß. Doch Darmans Abschlußbericht ist für Clinton auch willkommene Gelegenheit und Vorwand, nun öffentlich von einigen Wahlkampfversprechungen abzurücken, die er auch bei günstigeren Defizitprognosen kaum hätte einhalten können – allen voran die Behauptung, er könne mit seinem Wirtschaftsprogramm aus Steuererhöhungen für die Reichen und ausländische Konzerne, Einsparungen im Rüstungshaushalt, Reform des Gesundheitswesens und einem Investitionsprogramm für die Infrastruktur des Landes das Defizit innerhalb von vier Jahren halbieren.

Auch das Lockmittel einer Steuererleichterung für die unter Reagan und Bush gebeutelten mittleren Einkommenschichten, von Clinton während des Wahlkampfs häufig ausgestreut, findet heute keine Erwähnung mehr. Völlig unklar ist auch, wie Clinton das Problem der kostenexplosiven, aber völlig ineffektiven Gesundheitsversorgung in den Griff bekommen und sein Wahlkampfversprechen wahrmachen will, wonach jeder Amerikaner Anrecht auf Krankenversicherung hat. 35 Millionen Amerikaner sind bislang überhaupt nicht versichert, 60 Millionen nur ungenügend. Seine wirtschafts- und haushaltpolitischen Prioritäten will Clinton unmittelbar nach Amtsantritt am 20.Januar dem Kongreß präsentieren.

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