Möllemanns Abwickler

■ FDP nominiert Treuhand-Manager Rexrodt als neuen Wirtschaftsminister

Bonn (taz) — Der FDP-Politiker und Treuhand-Manager Günter Rexrodt soll neuer Wirtschaftsminister werden. Bundesvorstand und Bundestagsfraktion der FDP nominierten den 51jährigen Politiker gestern in Bonn überraschend bereits im ersten Wahlgang. Rexrodt erhielt 57 Stimmen. Seine Konkurrenten, der ehemalige niedersächsische und heutige brandenburgische Wirtschaftsminister Walter Hirche und der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Paul Friedhoff, wurden mit 17 bzw. 23 Stimmen abgeschlagen.

Als seine Hauptziele nannte der als rechtsliberal geltende Rexrodt, das Vertrauen der Wirtschaft zu gewinnen, einen ökonomischen Rückschlag abzuwenden und dem wirtschaftlichen Aufbau in Ostdeutschland ein besonderes Gewicht zu geben. Der Solidarpakt werde von ihm befürwortet. Es werde keine Abkehr von der Politik seines am Sonntag zurückgetretenen Vorgängers Jürgen Möllemann geben. Die bisherigen wirtschaftspolitischen Ziele seien richtig, lediglich „Akzentuierungen“ werde er anders setzen.

Parteichef Otto Graf Lambsdorff, der Rexrodts Nominierung unterstützt hatte, ließ noch gestern nachmittag den bei der christdemokratischen Schwesterpartei in Italien weilenden Bundeskanzler von dem Personalvorschlag der FDP informieren. Es gilt als sicher, daß Helmut Kohl den Möllemann-Nachfolger akzeptiert. Eine Entscheidung werde Kohl jedoch erst Anfang nächster Woche nach einem Gespräch mit dem Kandidaten treffen, sagte Regierungssprecher Dieter Vogel am Rande der FDP-Sitzung.

Die CSU reagierte verhalten auf die Nominierung Rexrodts. „Ich bin zu einer engen Zusammenarbeit bereit“, sagte der CSU-Chef und Bundesfinanzminister Theo Waigel bei einer Klausurtagung seiner Partei im oberbayerischen Wildbad Kreuth. SPD-Bundesgeschäftsführer Karlheinz Blessing meinte, es gebe wenig Hoffnung, daß der Möllemann-Nachfolger einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel beim Aufbau in Ostdeutschland durchsetzen werde. Mit Rexrodt habe die FDP einen Vertreter des „rigiden wirtschaftsliberalen Kurses von Otto Graf Lambsdorff“ gewählt. Dem Bundeskanzler müsse klar sein, daß die von ihm versprochene Rettung industrieller Kerne im Osten mit Rexrodts Ernennung „Makulatur“ sei.

Das FDP-Präsidium hatte dem Wahlgremium aus Vorstand und Fraktion keine Empfehlung für die Abstimmung gegeben. Rexrodt galt jedoch als Mann der Parteiführung. Zuvor waren offenbar Versuche der Parteispitze gescheitert, einen Kandidaten aus der Wirtschaft zu gewinnen. Es habe Gespräche gegeben, bestätigte Fraktionschef Hermann Otto Solms gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Dabei habe sich jedoch „keine Bewerbung herausgestellt“.

In der Sitzung von Bundesvorstand und Fraktion erläuterte Möllemann erneut die Gründe für seinen Rücktritt. Er habe bei dieser Gelegenheit auch die „nicht begreifbare, nicht akzeptable“ Berichterstattung „bestimmter Pressehäuser“ über seine Person kritisiert und seinen Parteifreunden deutlich gemacht, daß dies „jeden mal treffen kann“. Möllemann teilte außerdem mit, der von ihm geführte Landesverband Nordrhein-Westfalen unterstütze „geschlossen“ die Kandidatur von Außenminister Klaus Kinkel für den Parteivorsitz der FDP. hmt