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■ Da lacht die Kiwi-NationFranzosen füllen Neuseelands Spitäler

Wellington (taz) – Die Franzosen sind so ziemlich das letzte Volk, dem die ansonsten sehr liberalen und gastfreundlichen Neuseeländer Zuneigung entgegenbringen. Ein Grund: die jahrzehntelangen (seit Anfang 1992, ausgesetzten) Atombombenversuche im Kolonial-Atoll Muroroa, gleich vor der Haustür im Südpazifik. Noch mehr wird der Grande Nation übelgenommen, daß Agenten der französischen Marine 1985 das Greenpeace-Schiff Rainbow Worrier in Auckland in die Luft sprengten. Für solch menschenverachtendes und mörderisches Laisser-faire werden nun alle FranzoEsI/Ennen [das soll „perfekt tazzisch“ sein, d. s-in] in Sippenhaft genommen, mit kritischen Fragen oder Unfreundlichkeit. Die Reaktion der Betroffenen geht so weit, daß – der Autor war Ohrenzeuge – ein Pariser Tourist vor einigen Jahren sich seinen neuseeländischen Gastgebern gegenüber lieber als Südafrikaner auswies: Die waren als (potentielle) Rassisten zwar auch wenig gern gesehen, aber immer noch besser als dieses ignorante, selbstherrliche Nuklear- und Bombenlegervolk.

All dies muß man wissen, um die neuseeländische Schadenfreude dieser Tage über zwei Ereignisse zu verstehen. Der Hohe Handelskommissar der französischen Botschaft in Wellington, Daniel Patat, hatte sich zu einem Autotrip aufgemacht. An einer Kreuzung bog er ab und erlitt, wie es später hieß, „einen Rechtsfahrerreflex“. Das war fatal, denn in Neuseeland herrscht Linksverkehr, auch für Franzosen, und schon krachte es frontal: Sechs Verletzte, darunter Patat, mußten ins Spital.

Zwei Tage später, an diesem Wochenende, machte sich nun der französische Kulturattaché Jacques Costa zu einem dienstlichen Autotrip auf, um seinen Diplomatenkollegen samt Familie und die anderen Unfallopfer im Krankenhaus zu besuchen. Die Hinfahrt, immerhin gut hundert Kilometer lang, klappte reibungslos. Doch auf dem Rückweg krachte es erneut – Gründe wurden nicht genannt – mit diesmal sieben Verletzten. Eilig meldete sich der Botschaftsanwalt zu Wort: Er setzte sich vorsichtshalber nicht ans Steuer, ließ auch die frankophile Rechtsfahrerreflex-Ausrede in der Schublade und erklärte einer lachenden Kiwi-Nation, man möge nun bloß nicht annehmen, alle in der französischen Botschaft seien schlechte Autofahrer.

Sarkastische Kommentare machen nun die Runde: Neuseeland werde erst sicherer, wenn sich alle Franzosen, eventuell freiwillig, ins Krankenhaus legen. Und: Wer noch nicht einmal ein Auto geradeaus lenken könne, sagen die Leute im nunmehr seit bald zehn Jahren nuklearfreien Neuseeland, wie könne der sich erdreisten, Hand an die A-Bombe zu legen? Indes, sagen andere, gelte das wohl auch für die perfektesten Piloten... Bernd Müllender

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