: Viele Tote bei Unruhen in Indien
■ Auseinandersetzungen zwischen Hindus, Moslems und der Polizei
Bombay/Ahmadabad (AFP) – Zu schweren Unruhen ist es gestern erneut in mehreren indischen Städten gekommen. In der Industriestadt Ahmadabad griffen radikale Hindus und Moslems die Polizei an, nachdem Polizisten während der Nacht 16 Unruhestifter erschossen hatten. Nach Polizeiangaben und Augenzeugenberichten hatten sich Angehörige beider Religionen in der Stadt schwere Straßenkämpfe geliefert, bei denen mindestens zwei weitere Menschen getötet wurden. Insgesamt wurden in Ahmadabad allein während der letzten drei Tage nach diesen Angaben 71 Menschen getötet.
„Moslems kämpfen mit Hindus, Hindus mit der Polizei, und oft greifen beide Gruppen in den engen Seitenstraßen die Polizei an“, berichtete ein Anwohner. Ausgelöst wurden die Unruhen durch die Zerstörung der Babri-Moschee von Ayodhya durch radikale Hindus am 6. Dezember. In dem indischen Bundesstaat Gujarat, zu dem Ahmadabad gehört, starben seitdem nach Polizeiangaben 373 Menschen bei Kämpfen zwischen Hindus und Moslems. Angehörige der Bharatiya Janata Partei (BJP) sangen am Montag in den Straßen der Industriestadt religiöse Lieder und zerstörten Geschäfte. In Bombay dauerten gestern die blutigen Straßenkämpfe an. In den vergangenen sechs Tagen sollen bei Kämpfen in Bombay etwa 150 Menschen getötet worden sein.
Ein Führer der radikalen Hindus in Bombay rief am Montag seine Anhänger auf, die Gewalt in der Stadt zu beenden. Den Moslems in Bombay sei eine ausreichende Lektion erteilt worden, hieß es in einer Erklärung, die von Bal Thackera, dem Führer der radikalen Shiv-Sena-Organisation („Armee der Gottheit Shiva“), veröffentlicht wurde. Shiv Sena war von Moslems in Bombay für die schweren Zusammenstöße zwischen Angehörigen der beiden Religionsgruppen während der vergangenen Tage verantwortlich gemacht worden.
Die indische Regierung ließ unterdessen sechs Führer der Hindu- Partei frei, die nach der Zerstörung der Babri-Moschee von Ayodhya im Dezember verhaftet worden waren. Den sechs Politikern war ursprünglich vorgeworfen worden, für die durch den Abriß der Moschee ausgelösten Unruhen zwischen Moslems und Hindus sowie die Aufwiegelung von religiösen Fanatikern verantwortlich zu sein. Für die Freilassung der Hindu- Führer, die offenbar ohne Bedingungen erfolgte, gab es zunächst keine offizielle Begründung. Führer der indischen Moslems erklärten dazu, die Regierung von Narasimha Rao habe sich dem Druck der Hindus gebeugt. Moslemische Gruppen riefen zu einem Boykott der offiziellen Feierlichkeiten zum 43. Jahrestag der Gründung der Republik Indien auf.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen