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Datenschützer: "Mieter dürfen lügen!"

■ Jede Menge Rechtsverstöße entdeckten Datenschützer in der Hamburger Verwaltung: vor allem in der Innenbehörde

entdeckten Datenschützer in der Hamburger Verwaltung: vor allem in der Innenbehörde

Totales Chaos beim Melderegister, Datenschutzprobleme im Gesundheitswesen und in der Innen- und Ausländerbehörde: Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Hans-Hermann Schrader hat schwierige Aufgaben zu bewältigen. Erfolge und ungeklärte Probleme stellte er gestern anläßlich der Präsentation seines 11. Tätigkeitsberichtes dar.

„Schneller, besser, schöner“, so plane der Senat die totale Computer-Vernetzung der Hamburger Behörden. Das stelle die Datenschützer vor immense Probleme. Damit dieses weitgehende Automationsvorhaben nicht völlig außer Kontrolle gerät, fordert Schrader, daß eine „gesetzliche Regelung zur Einführung eines übergreifenden Da-

1tennetzes“ geschaffen werde.

Daß seine Befürchtungen berechtigt sind, belegen Schraders Schilderungen der untragbaren Zustände in Hamburgs Behörden. Mit absolutem Chaos sahen sich die DatenschützerInnen bei der Überprüfung des automatisierten Melderegisters konfrontiert. Da hier alle Daten der HamburgerInnen gespeichert sind, müsse rechtlich einwandfrei gearbeitet werden. Statt dessen: „absolutes Tohuwabohu“, so des Datenschutzbeauftragten deutliche Worte. Für die 1,7 Millionen HamburgerInnen existieren inzwischen 4,5 Millionen Datensätze (vor der Automation Ende 1990: 2,6 Millionen). Bei Änderung von Straßen- oder Familiennamen würden neue Datensätze an-

1gelegt, ein Rückschluß auf die alten sei nicht möglich. Die Verwechslung von Personen sei an der Tagesordnung. „Man kann inzwischen innerhalb weniger Tage mehrere Pässe beantragen, ohne daß eine Kontrolle möglich ist“, so Schrader. Und dies unter der Federführung der Innenbehörde.

Dort sind die untragbaren Zustände bekannt. Die Mittel für eine Neuprogrammierung des Registers stünden erst 1995 zur Verfügung, heißt es in einem internen Bericht. Schraders Kommentar: „Unglaublich“. Er forderte die Behörde auf, zügig für die Einhaltung des „zwingenden Bundesrechts“ Sorge zu tragen.

Auch auf der Mängelliste: die Ausländerbehörde. Hier kritisierten die DatenschützerInnen — bislang erfolglos — gleich mehrere Punkte. So sollen Ausländer künftig mit Registrierzahlen durchnumeriert werden. Schrader: „Ohne gesetzliche Grundlage“. Auch „Warnmeldungen“ auf den Datensätzen („gewalttätig“, „ansteckend krank“) sowie die Weitergabe von Daten an das bundesweite Polizeisystem INPOL stießen auf Kritik. Innenbehörde: „Erforderlich“. Ausgang der Meinungsverschiedenheit — noch ungewiß.

Nach Schraders Auffassung droht im Gesundheitswesen durch zahlreiche Automationsvorhaben der gläserne Patient. Aber auch im Detail steckt der Teufel.

1So wurden in einer Lehranstalt des Krankenhauses St.Georg AusbildungsplatzbewerberInnen aufgefordert, detailliert Angaben über eigene und familiäre Krankheiten anzugeben. Schrader: „Eindeutig rechtswidrig“.

Ebenfalls im argen: der Mieterdatenschutz. Makler und Vermieter verlangen häufig Auskünfte, auf

1die sie keinen Rechtsanspruch haben. Wohnungsinteressenten müssen Alter und Anzahl der Mieter und das Einkommen offenlegen. Bei weitergehenden Fragen (nach Vermögen, Familienplanung und Mitgliedschaft im Mieterverein) rät der Datenschutzbeauftragte: „Sie dürfen lügen!“ Dies sei kein Kündigungsgrund. Sannah Koch

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