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Mit dem Solidarpakt geht es voran

■ Hoffnung auf Mitarbeit der SPD

Bonn/Augsburg (AP/AFP/taz) Die Spitzenpolitiker der Bonner Regierungskoalition sind bei ihren Beratungen über die geplanten Einsparungen im Rahmen des Solidarpakts und dessen Ausgestaltung „erheblich“ vorangekommen. Ein Abschluß konnte aber bei den gestrigen Gesprächen noch nicht erreicht werden. An dem Treffen nahmen außer Kohl die anderen Parteichefs, die Fraktionsvorsitzenden, Finanzminister Waigel, Norbert Blüm (Arbeit) und Noch-Wirtschaftsminister Möllemann teil.

Nach dem Treffen war aus Koalitionskreisen zu erfahren, die der SPD angehörenden Finanzminister hätten inzwischen eigene Vorschläge vorgelegt. Die Hoffnung auf eine Mitarbeit der Sozialdemokraten sei gestiegen.

Bei dem Spitzengespräch ging es um die geplanten Einsparungen im Sozialbereich sowie Kürzungen von Subventionen und Steuervergünstigungen. Diese gesetzlichen Maßnahmen sollen der Finanzierung eines Nachtragshaushalts, mit dessen Hilfe der Aufbau in Ostdeutschland gefördert werden soll, dienen.

Vor einem Scheitern des Solidarpakts warnte Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf. Der Aufbau Ostdeutschlands dürfe nicht länger über die Sozialversicherung finanziert werden. Die Kosten der Einheit müßten statt dessen verstärkt durch Steuererhöhungen aufgebracht werden, forderte Biedenkopf.

Der Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Sozialrentner Deutschland (VdK) hat die von der Koalition geplanten Kürzungen bei der Sozialhilfe scharf kritisiert. Politiker, die sich im Bundestag selbst einen Teuerungsausgleich genehmigt hätten, sollten einmal vormachen, wie sie mit einem auch noch gekürzten Sozialhilfe-Grundbetrag für den Haushaltsvorstand in Höhe von rund 500 Mark zurechtkämen, erklärte VdK-Präsident Walter Hirrlinger gestern in Bonn. Als „billiges Täuschungsmanöver“ bezeichnete er die „exzentrischen Grusel-Rechenbeispiele“, mit denen die Sozialhilfesätze als ungerechtfertigt hoch dargestellt würden. In Wahrheit werde jede dritte Mark der Sozialhilfe im Bereich Pflege verursacht. Die Koalition müsse endlich die solidarische, sozialversicherungsrechtliche Pflegeversicherung einführen.

Im Rahmen des Solidarpakts hat der Präsident des deutschen Arbeitgeberverbandes, Klaus Murmann, eine Revision der Tarifverträge auch in Westdeutschland gefordert. „In Fragen der Arbeitszeitverkürzung sind ja Revisionsklauseln in den Tarifverträgen enthalten“, sagte Murmann der Augsburger Allgemeinen. Die Gewerkschaften müßten zugestehen, daß die langfristig abgeschlossenen Tarifverträge neu verhandelt werden. Zwar gehe es vordringlich um eine langsamere Anpassung der Tarife in Ostdeutschland. Doch auch im Westen bestehe Handlungsbedarf.

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