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Flußvergifter müssen zahlen

Bundestag zwingt die Bundesregierung, den ökologischen Schaden durch ein Entwicklungshilfe-Projekt in Papua wiedergutzumachen  ■ Von H.-J. Tenhagen

Berlin (taz) – Der Bundestag verlangt, daß die Bundesregierung Millionen zur ökologischen Sanierung einer Minenregion in Papua- Neuguinea aufwendet. Der Grund: Deutsche Firmen, neben Degussa und der Metallgesellschaft auch die bundeseigene Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) sind mit über 20 Prozent am Verursacher der ökologischen Schäden, der 1981 gegründeten gigantischen „Ok Tedi-Mining Limited“ in Papua beteiligt. Während sich der „ursprünglich erhoffte wirtschaftliche Erfolg“ von Ok Tedi nicht eingestellt habe, entwickle sich die Mine zu einer „ökologischen und ökonomischen Katastrophe für die Bevölkerung“, kritisiert der Bundestag in seinem Beschluß von Donnerstag. Auf 800 Kilometer Länge sind die Flüsse Ok Tedi und Fly River im Westen Papua-Neuguineas durch Schwermetalle aus der Mine verseucht.

Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit fühlte sich durch den Beschluß gestern nicht etwa kritisiert, sondern bestärkt. „Der Beschluß setzt nichts fest, was für das Ministerium neu ist“, so sein Sprecher Ralf-Matthias Mohs. Das stimmt nicht ganz. Unter Punkt D (Kosten) heißt es im Beschluß: „Abhängig vom Ausmaß des zusätzlichen Engagements der Bundesregierung“. Auch der CSU-Abgeordnete Christian Ruck, der maßgeblich am Zustandekommen des Beschlusses beteiligt war, räumte gestern ein, daß mehr Zusammenarbeit und mehr Hilfe wohl auch mehr Geld heiße.

Der Beschluß des Bundestages hat eine längere Vorgeschichte. Abgeordnete von Bündnis90/Die Grünen hatten im Sommer 1992 beantragt, daß die Bundesregierung in Papua-Neuguinea tätig werden soll. Eine Studie des „Starnberger Instituts zur Erforschung globaler Strukturen, Entwicklungen und Krisen“ hatte die Parlamentarier auf die verfahrene Situation in dem Inselstaat aufmerksam gemacht. In der Mine wird seit 1987 vorwiegend Kupferkonzentrat hergestellt, das, von der Metallgesellschaft vermarktet, an Hütten in der Bundesrepublik in Japan und Korea geliefert wird. Der Jahresumsatz der Mine, die direkt 1.700 MitarbeiterInnen beschäftigt, lag nach den Starnberger Angaben 1990 bei 450 Millionen Dollar. Der Abraum, 80 Millionen Tonnen im Jahr, werde direkt in das Flußsystem von Ok Tedi und Fly River geleitet.

Der Beschluß des Bundestages läuft jetzt darauf hinaus, daß mit deutschem Geld verursachte Schäden auch mit deutscher Hilfe beseitigt werden müssen. Die beteiligten Firmen – die bundesdeutsche DEG ist immerhin mit fast 100 Millionen Mark (5,5 Prozent) an der Mine beteiligt – sollen auf die Regierung Papua-Neuguineas einwirken, „internationalen ökologischen Standards“ in der Mine Geltung zu verschaffen. Der Staat Papua-Neuguinea ist selbst mit 20 Prozent an der Mine beteiligt. Die betroffene Bevölkerung müsse entschädigt werden und etwaiger Nutzen der Mine „möglichst breit gestreut“ werden. Bei der vom Gesetzgeber verlangten zusätzlichen Hilfe für Papua-Neuguinea soll die Bundesregierung „verstärkt in- und ausländische Nichtregierungsorganisationen und Selbsthilfegruppen“ einbeziehen.

Die Beteiligung der DEG an der Mine ist seit langem umstritten. Die Gesellschaft ist von Staats wegen zur Hilfe bei mittelgroßen Projekten in Entwicklungsländern gegründet worden, Ok Tedi ist aber ein Mammut-Projekt. Nach einem Besuch in Papua im vergangenen November drohte eine Delegation des Entwicklungsausschusses denn auch: „Aus entwicklungspolitischen Gründen hält die Delegation den Rückzug der DEG aus der Kupfermine Ok Tedi dann für geboten, wenn sich die negativen Begleiterscheinungen nicht beseitigen lassen und die Umweltschäden als irreversibel erweisen.“ Ok Tedi zeige, welcher Schaden Mensch und Natur zugefügt werde, wenn Projekte einseitig auf wirtschaftliche Vorteile ausgerichtet seien, sagte Bündnis90/Grüne- Sprecher Konrad Weiß.

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