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Polizeirambos mißhandeln Unschuldige

■ SEK-Beamte schlugen zwei junge Männer brutal zusammen

Essen (taz) – Wolfgang Islacker (23) und Marc Rösler (22) merkten am Montag abend vergangener Woche schnell, daß sie von einem BMW verfolgt wurden. Sie befanden sich auf dem Weg zu einer Essener Squash-Halle, als der BMW sie plötzlich rechts überholte und sich ein wenig querstellte. Was dann geschah, schilderte Werner Rösler, der Vater von Marc, im WDR so: Islacker machte eine Vollbremsung, und in dem Moment sprangen mehrere Männer in Lederjacken mit Pistolen in der Hand aus dem BMW und riefen: „Raus, kommt raus ihr Schweine“. Rösler und Islacker glaubten an einen Überfall.

„Die Jungs haben nur um ihr Leben geschrien und Gas gegeben“, sagte Vater Rösler nach einem Besuch seines Sohnes im Krankenhaus. Die SEK-Beamten schossen. Ein Schuß durchschlug den Oberarm von Wolfgang Islacker, der in Panik geriet und aufs Gas drückte. „Die wollten zur Polizei. Die dachten, das ist ein Überfall. Die hatten nur noch im Kopf, ich fahre zur Polizei“, so Werner Rösler. Der Fluchtwagen wurde dann in Gelsenkirchen durch einen quergestellten zivilen Polizeiwagen endgültig gestoppt. Was danach genau geschah, versucht zur Zeit die Essener Staatsanwaltschaft zu ermitteln.

Wolfgang Islacker gegenüber der WAZ: „Als sie sich als Polizisten zu erkennen gaben, lagen wir schon krankenhausreif geschlagen auf der Straße.“ Sein Freund sei „im gefesselten Zustand zusammengeschlagen worden“. Er selbst erlitt neben der Schußverletzung eine Rippenquetschung, überall schwere Prellungen und Hautabschürfungen. Marc Rösler traf es noch übler. Mit einem lebensgefährlichen schweren Schädelbasisruch liegt er nun im Krankenhaus. Alle acht beteiligten SEK-Beamten verweigern bisher die Aussage.

Ins Visier der Fahnder waren die beiden jungen Männer im Zusammenhang mit dem Wülfrather Polizistenmord geraten. Nach einem Überfall auf eine Wülfrather Tankstelle hatten drei Gangster tags zuvor einen zufällig aufkreuzenden Polizeibeamten mit einer Schrotflinte ermordet. Inzwischen haben drei am vergangenen Mittwoch in Düsseldorf verhaftete Männer den Polizistenmord gestanden. Die beiden von dem Essener Sondereinsatzkommando verfolgten jungen Männer haben damit nichts zu tun.

Der Düsseldorfer Kriminaldirektor Baudiß behauptet, die SEK- Beamten hätten sich „ mit Kelle und Rufen“ zu erkennen gegeben. Ein Darstellung, der nicht nur die Opfer heftig widersprechen. Silvia Agkurt, offenbar die einzige unabhängige Zeugin der Festnahme in Gelsenkirchen, schilderte im WDR, sie habe nach dem Zusammenprall „sofort das Telefon geholt, den Notruf gewählt und dann weiter beobachtet“. Dabei habe sie gesehen, „wie zwei oder drei Beamte auf einen Jungen am Boden eintraten. Ich habe das auch dem Notruf weitergegeben und bin danach raus.“ Draußen hat sie dann den mißhandelten Männern zugerufen, die Polizei informiert zu haben. Die Schläger antworteten: „Wir sind die Polizei.“

Am Mittwoch wird sich der Innenausschuß des Düsseldorfer Landtags mit dem Vorfall beschäftigen. Walter Jakobs

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