: Post: Aktiengesellschaft oder was?
■ Über eine Zukunft zwischen Behörde und Unternehmen / Ein SPD-Forum
Fast alles Postler in der Bürgerschaft, 250 auf einen Haufen, da mußte sich der Moderator des SPD-Forums „Moderne Post am Wirtschaftsstandort Bremen“ am Montag nachmittag in der Bürgerschaft schon etwas einfallen lassen, um sein Podium in Schwung zu bekommen.
Da saßen: Der Bremer Wirtschaftssenator Claus Jäger (FDP), der Oldenburger Rechtsprofessor Thomas Blanke, ein Sozialdemokrat aus dem Postausschuß des Bundestages: Peter Paterna, und der Bezirksvorsitzende der hiesigen Postgewerkschaft, Harald Schütz. Ihr Thema: Wie sieht die neue Post der Zukunft aus?
Fazit eines Rechtsprofessors: Reformieren ja, aber nicht als Aktiengesellschaft
Drei Aktiengesellschaften sollen es werden, dafür setzte sich Wirtschaftssenator Claus Jäger ein: Die Telekom, die Gelbe Post, und die Postbank. Geht nicht, sagte der Rechtsprofessor. Man kann keine Aktiengesellschaft gründen und ihr gleichzeitig postalische Versorgungsaufgaben aufdrücken. Zweites Problem: Das Dienstrecht. Wie soll man ein beamtenähnliches Arbeitsverhältnis in einer AG durchsetzen? „Das werden Arbeitsverhältnisse wie in Südafrika“, sagte Blanke.
Reformieren ja, aber nicht als Aktiengesellschaft, das war das Fazit des Rechtsprofessors, der um der guten Stimmung willen vom Moderator auch schon mal als „Oberschlaumeier“ zu Wort gebeten wurde. Auch der Vorsitzende des Postausschusses des Deutschen Bundestages und SPD-Mitglied Paterna gab sich reformfreudig, aber nicht für eine Aktiengesellschaft. Die Post müsse ihre Monopolstellung behalten, forderte er, weil sich freier Markt mit der Aufgabenstellung der postalischen Grundversorgung nicht vertrage. Die privaten Paketdienste hätten sich die besten Routen ausgesucht und böten Dumping- Preise an, die Post stehe aber in der Pflicht, ihre Pakete bis nach Hintertupfingen zu liefern. „Da können wir keine freien Preise anbieten“, sagt Paterna.
Postphilosoph:
Jeden Kunden so behandeln, als ob er was Schlechtes von uns will
Der Moderator gab zu Bedenken, daß er bei der Postbank dreißig Minuten warten muß, bis er 200 Mark abgehoben hat. Handschriftlich würde jeder Scheck dreimal auf bestimmte Bögen übertragen, erst dann gebe es Geld. Postphilosoph Paterna: „Wir müssen jeden Kunden so behandeln, als wollte er was Schlechtes von uns.“
Harald Schütz, oberster Bremer Postgewerkschafter, fürchtete um die sozialen Rechte der Arbeitnehmer in einer zukünftigen Gewerkschaft. Noch 1998 seien 93,5 Prozent der Postbeshäftigten Angestellte alten Rechtes.
Die Post muß anders werden, da waren sich alle einig, aber wie, das wußte Montag nachmittag noch niemand. Jede Strukturreform provoziert einen wichtigen Gegengrund, die Situation, das war das Fazit des Nachmittags, ist so kompliziert wie der Kauf einer Briefmarke am Samstag morgen. mad
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