: Entfesselte Posaunen fesseln Publikum
■ Der Auftakt zum Wishbone-Festival in der gut gefüllten Schauburg begeisterte
Es ist schön, wenn eine gute Idee ihr Publikum findet. Das war am Mittwochabend der Fall. Die Schauburg war überfüllt. Das „Wishbone-Festival“ Radio Bremens stellt den derzeit vielseitigsten Posaunisten der Jazz-Szene in den Mittelpunkt. Ray Anderson verbindet virtuose Technik, weitgefächerte musikalische Interessen, ausgelassene Spielfreude und Lust am Entertainment wie kaum ein Zweiter. Das „WishboneFestival“ eröffnet ihm die Möglichkeit, seine unterschiedlichen musikalischen Ideen mit verschiedenen Formationen umzusetzen. Der erste Abend war ein mehr als überzeugender Auftakt.
Das „Sliphorn Quartet“ ist ein reines Posaunenensemble. Andersons Mitbläser waren Craig Harris, Gary Valente und Douglas Purviance (b-tb). In vier Kompositionen, darunter eine Suite mit Ellington/Strayhorn-Kompositionen, loteten die vier Posaunisten die gesamte Klangbreite ihrer Instrumente aus — fetzig, swingend, growlend, frei, schräg, kurios.
Craig Harris ließ Mineralwasser durch sein Instrument gurgeln. Gary Valente schmetterte Töne in den Saal, die die BesucherInnen in die Sessel drückten. Anderson selbst bewies einmal mehr, daß er das gesamte Spektrum von ekstatischen Kaskaden bis zu zarten, gehauchten Tönen nicht nur meisterlich beherrscht, sondern auch abwechslungsreich und differenziert einsetzen kann. Douglas Purviance blieb in seinem Spiel am konventionellsten. Im Set wechselten kammermusikalische Stimmungen mit swingenden, druckvoll schmetternden Passagen, Tutti- Gebläse löste sich in einander umspielende Linien, die sich behutsam ausbreiteten und sich in gegenläufige Richtungen ausdifferenzierten. Kurz: ein mitreißender Entfesselungsakt der Posaune(n).
Im zweiten Set des Abends spielte die WDR Big Band gemeinsam mit dem „Ray Anderson Quartet“ (Simon Nabatov-p, Mark Helias-b, Keith Copeland-dr) Anderson-Kompositionen in Arrangements von Mark Helias, George Gruntz, Jim McNeely und Anderson selbst.
Den Anfang machte der bissig präsentierte „Slickaphonic Stomp“, druckvoller Big Band Sound mit Funkorientierung. Es folgte das in klassischer Swingstimmung arrangierte „The Gahtooze“, angefüllt mit kurzen Statements der Big Band Solisten und der Quartettmitglieder. „Phoebe's Dance“ verbreitete dann eher Tanzorchesterstimmung. In „Snoo Tune“, Andersons Tochter Annabell gewidmet, präsentierte Anderson sich als Sänger mit swingenden Scateinlagen. Die „literarische Echse“ verarbeitete Latin- Elemente ohne in seichteren Salsa-Gewässern zu stranden. Eine kurzweilige Vorstellung der verschiedenen Möglichkeiten des Big Band Sounds. Der gute musikalische Eindruck, den die WDR-Big Band machte, konnte auch nicht durch die etwas altbackenen Koketterien des Leiters Jerry van Rooyen und die teilweise recht unbeteiligt, öffentlich-rechtlich dreinschauenden Bandmitglieder getrübt werden. Andersons launigen Ansagen dagegen war die Freude über das enthusiastische Publikum anzumerken. Angemessen für einen Ausnahmemusiker wie Anderson. Arnaud
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