: Mehr Eisbein, weniger Tortillas
■ An der morgen beginnenden „Grünen Woche“ nehmen viele „Dritte Welt“-Länder nicht mehr teil
Bei der diesjährigen „Internationalen Grünen Woche“ in den Messehallen unterm Funkturm werden 21 Länder weniger dabeisein als im Vorjahr – die meisten davon aus der sogenannten „Dritten Welt“.
Gekürzte Fördermittel
Während die VeranstalterInnen der Ausstellungsgesellschaft AMK Berlin für diesen Umstand gekürzte Fördermittel der Bundesregierung verantwortlich machen, will man davon beispielsweise in der Bonner Botschaft von Ecuador nichts wissen.
Die deutsch-ecuadorianische Handelskammer, so Diplomat Diego Stacey, sei zum Ergebnis gekommen, daß die Teilnahme an der Messe wenig erfolgversprechend sei. „Na ja“, meint AMK- Pressesprecher Hofer, „wenn die Subventionen weg sind, ist das Ganze für die Länder halt nicht mehr interessant“, verteidigt er das Messekonzept.
Tatsächlich aber hat sich auch der Blickwinkel der Messe in den letzten Jahren verändert. Noch in den 80er Jahren pries der Senat die „Grüne Woche“ als ein Aushängeschild der Handelsförderung mit der „Dritten Welt“.
Heute spricht davon niemand mehr. Auch ein Begleitprogramm mit Veranstaltungen und Symposien zu Themen des Handels mit der „Dritten Welt“, wie es noch bis 1987 unterm Funkturm angeboten wurde, fehlt ganz.
„Fruit Logistica“
Neu im Programm ist allerdings das Pilotprojekt der „Fruit Logistica“, einer für den Publikumsverkehr nicht zugänglichen „Fachbörse rund ums Fruchtgeschäft“. „Zu dieser einzigartigen Veranstaltung“, so schwärmt Michael Wagner von der AMK, kommen alle Bereiche des Geschäftslebens mit Obst und Gemüse, von ErzeugerInnen, Verpackungsfirmen, Kühlhausherstellern und Händlern zusammen. An dieser Sonderveranstaltung nehmen auch Länder wie Jamaica und Ecuador teil, die sich aus der eigentlichen „Grünen Woche“ zurückgezogen haben. Die für viele Beteiligten noch verwirrenden neuen Normen des EG-Binnenmarktes, der mit neuen Verpackungsverordnungen und Importquoten daherkommt, machen diesen Sonderteil der Messe wirtschaftlich interessant. Der größere Anteil der TeilnehmerInnen bei dieser Sonderveranstaltung kommt allerdings auch hier aus Europa. Die BesucherInnen der „Grünen Woche“ werden auf die „Exoten“, beispielsweise aus Bolivien, Kolumbien und Ecuador, aus China, Sri Lanka, Tansania und Jamaica verzichten müssen – weniger Tortillas, mehr Eisbein. Bernd Pickert
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