: Neues Tor für St.Pauli gesucht
■ Noch umstritten: Bebauung des Millerntors / Am Samstag werden Hamburgs Bürger gehört
/
Am Samstag werden Hamburgs Bürger gehört
Das künftige „Eingangstor“ von St.Pauli ist für Hamburgs Architektur ein bedeutsames Prestige- Vehikel, das schon jetzt im Dreck steckt. Stadtentwicklungssenatorin Traute Müller soll es wieder auf den Weg bringen. Eine Aufgabe mit Konfliktpotential: Die Bezirksversammlung stellt sich wegen mangelnder Beteiligung stur, und ein Investor droht mit einer Schadenersatzklage. Welche Bebauung am Millerntor statt des asbestverseuchten Iduna-Hochhauses vorstellbar ist, will die Senatorin am kommenden Samstag von Hamburgs BürgerInnen erfahren.
Der Eingang zur Reeperbahn ist nicht nur ein prägnanter Platz, sondern auch ein städtebauliches Filetstück. Die Hamburger City ist
1nahe, der Hafen nur einen Steinwurf entfernt, und der Blick auf die Elbe lockt — nicht umsonst stehen finanzkräftige Investoren in den Startlöchern. Doch was den einen gelang — ihren Entwurf für eine Neubebauung auf der Südseite der Reeperbahn (anstelle der Bowlingbahn) abgesegnet zu bekommen — mißlang der Hamburger Investorengruppe „Allgemeine Beteiligungsgesellschaft für Gewerbe-Immoblien“ (AGB) gründlich. Sie erstand das leerstehende Iduna-Hochhaus zwar vor zwei Jahren und erhielt auch eine Abrißgenehmigung, doch ihr Entwurf für einen 12stöckigen, dreizylindrischen Bürokomplex (siehe Zeichnung) fiel im Herbst letzten Jahres sowohl in der Deputation der Stadtentwicklungsbe-
1hörde (Steb) als auch in der Bezirksversammlung Mitte durch. Das positive Votum von Bausenator Eugen Wagner und Oberbaudirektor Egbert Kossak hatte nichts genützt.
Ein klarer Fall für Traute Müller: „Eine solch markante Stelle kann man nicht ohne Beteiligung der Gremien und BürgerInnen neugestalten.“ Doch diesen Weg hatte Bausenator Eugen Wagner nicht beschritten. Kein öffentlicher Ideenwettbewerb, sondern ein internes Gutachten war dem Entwurf der AGB vorangegangen. Die Quittung erhielt Wagner prompt. Den BezirkspolitikerInnen erschien nicht nur der vorgestellte Entwurf zu massig, auch das Fehlen von Alternativen war ihnen sehr sauer aufgestoßen.
Nachsitzen muß jetzt die Stadtentwicklungssenatorin. „Wir fangen nicht mehr bei Null an, aber wir machen mit dem jetzigen Ver-
1fahren einen Schritt zurück“, räumt Traute Müller ein. Und das, obwohl die AGB mehrfach presseöffentlich mit einer Schadenersatzklage gewunken hatte. Immerhin will die Gesellschaft mindestens 140 Millionen Mark in den Bau des neuen Bürogebäudes investieren. Jeder Monat Wartezeit, so hatte AGB-Gesellschafter Horst Rahe gemurrt, bedeute für sie rund eine Million Mark Verlust. Dennoch habe die AGB, so versicherte Müller gestern, dem jetzigen Prozedere zwar nicht begeistert, aber dennoch zugestimmt. Die drei Alternativmodelle, die am Samstag den interessierten HamburgerInnen zur Diskussion vorgestellt werden, sind nicht etwa nur Phantasieprodukte, beteuert Oberbaudirektor Kossak, sondern auch für den Bauherrn annehmbare Varianten.
Und so sehen die drei Vorschläge aus. Nummer eins: die ur-
1sprüngliche Variante. Ein Komplex aus drei je 11geschossigen, runden Türmen mit einer fünfgeschossigen Randbebauung. Neben Büros sollen hier ein Kinokomplex, Gastronomie und Läden untergebracht werden. Variante zwei weist statt der drei nur zwei zehngeschossige Türme auf, die durch einen halbrunden Riegel mit zehn Etagen und der Randbebauung ergänzt werden. Ein Hochhaus mit 21 bis zu 25 Etagen (Idunahaus: 21) ist die dritte Alternative.
Zu den Vorschlägen sollen am Samstag auch prominente Paulianer (Michael Collien, Intendant St.Pauli-Theater; Ernie Reinhard, Schmidts/Tivoli; Christian Hinzpeter, FC St.Pauli; Regisseur Jürgen Roland) Stellung beziehen. Die Anhörung beginnt um 10 Uhr im Hörsaal des Museums für Hamburgische Geschichte (Holstenwall 24). Sannah Koch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen