: Heftiger Streit um Frauen-Hilfe für Bosnien
■ Ärger statt Hilfe / Projekt spaltet sich / Gegenseitige Vorwürfe / Knatsch um Lkw-Miete / Gefahren unterschätzt
/Gegenseitige Vorwürfe / Knatsch um Lkw-Miete / Gefahren unterschätzt?
Vielsprechend hatte es angefangen: Um den vergewaltigten Frauen aus Bosnien-Herzegowina zu helfen, gründete sich unter dem Dach der „Frauenpflege Altona e.V.“ im Dezember das Hamburger „Hilfsprojekt Zêne“. Unter der Schirmfrauschaft von Senatorin Traute Müller wollten rund 70 Frauen Hilfslieferungen organisieren. Doch jetzt gibt's Ärger: Machtkämpfe innerhalb der Gruppe spaltete das Projekt in der vergangenen Woche. Folge: Die bislang gespendeten 40000 Mark sollen geteilt werden und jeweils zur Hälfte den zwei neuen Vereinen zur Verfügung stehen.
Für die Spaltung des Projekts gab es mehrere Gründe. Judith Marschall, eine Mitarbeiterin des gestern neu gegründeten „Zêne“- Ablegers „Frauen in Not e.V.“ berichtete der taz, daß ohne Plenumsentscheid ein zweites Konto, ein "Gegenkonto" für die Spenden eingerichtet worden sei. Weiterhin habe die „Zêne„-Mitarbeiterin Mirjana Bilan im Alleingang fünf LKW für den Transport der Hilfsgüter angemietet, obwohl die Gruppe versuchen wollte, Fahrzeuge auf Spendenbasis zu rekrutieren. Nun seien LKW-Mietkosten von über 18000 Mark zu tragen, beklagte die Finanzfrau und Initiatorin von „Zêne“, Renate Mück.
Judith Marschall hätte es lieber gesehen, wenn Fahrzeuge gespendet worden wären — auch wenn dies mehr Zeit kostet. Hygieneartikel, Medikamente, Verbandsmaterial und Schlafsäcke seien bereits als Sachspenden eingegangen. „Wir gehen viel sparsamer mit dem Geld um“, bestätigte Renate Mück. Mirjana Bilan war gestern gegenüber der taz zu keiner Stellungnahme bereit.
Sie bestätigte nur, daß ihre Gruppe bereit wäre, am Donnerstag nach Split (Kroatien) zu fahren, um die Hilfsgüter in einem dort eingericheteten Notlager für die vergewaltigten Frauen abzugeben.
„Mirjana setzt damit das Leben der Frauen, die da runterfahren, aufs Spiel“, kritisiert Judith Marschall. Bilan, deren Verwandtschaft in Split wohnt, habe die möglichen Gefahren des Transports einfach ignoriert.
Reale Gefahren: Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Bonn bezeichente den Landweg nach Split gestern als „schwierig“. Denn dieser führt über Zadar und dort fänden seit dem 22.Januar wieder Kämpfe statt.
Die gegenseitigen Vorwürfe der beiden Parteien des ehemaligen „Zêne„-Projekts gehen noch weiter. Der Finanzfrau Renate Mück werden von ihren Kontrahentinnen Unregelmäßigkeiten beim Umgang mit Spendengeldern unterstellt. Eine Vermutung, mit der sich Mück schon vor fünf Jahren konfrontiert sah. Damals betreute sie die Finanzen der Hamburger Frauenwoche. Eine unabhängige Finanzprüfung konnte diesen Vorwurf jedoch nicht bestätigen.
Solange die Vereinslage noch nicht geklärt ist, sollten Spenden auf das Konto der „Frauenpflege Altona“ überwiesen werden: Kontonr. 907 08202 beim Postgiroamt Hamburg, Stichwort „Vergewaltigungen“. Annette Bolz
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