: „Dramatische Veränderungen“ nötig
■ Debatte in der Bürgerschaft: Zur Energiepolitik im Lande Bremen
„Die FDP fand es damals überflüssig, und die Grünen fanden es zu schlapp, unser Energie-Gesetz“, erinnerte sich gestern die SPD-Abgeordnete Tine Wischer in der Debatte um die Bremer Energiepolitik. Ihr Resümee: „Die Konzeption ist in Ordnung, fast 19 Millionen für die Umsetzung können sich sehen lassen.“ In einer ausführlichen Antwort auf eine Große Anfrage hatte Umweltsenator Ralf Fücks Bilanz gezogen. Erstmalig sei Energiesparen gesetzlich verordnet, Umweltschutz ist jetzt definiertes Unternehmensziel der Bremer Stadtwerke, fortgeschritten sei die Linearisierung der Stromtarife, sodaß viel bezahlt, wer viel verbraucht. Die großen Neubaugebiete Horn- Lehe-West, Weidedamm 3, Arsten-Süd und Borgfeld-West sollen an Nah- oder Fernwärme angeschlossen werden, was den CO-2- Ausstoß drastisch vermindert. Mit Projekten in der gewerblichen Wirtschaft und im Wohnungsbau sollen Energie gespart, Häuser mustersaniert und Niedrigenergie gefördert werden.
Was ein Senator schlecht in eine parlamentarische Antwort hineinschreiben kann, brachten die Abgeordneten auf den wunden Punkt: Woran hapert es beim Fernwärme-Ausbau? Was wird aus dem Weserkraftwerk? Was ist angesichts der Klöckner-Krise überhaupt noch finanzierbar?
Die Vertreter von FDP und CDU fanden schlicht, nötig sei dies Bremer Energie-Gesetz doch eigentlich nicht gewesen; Klaus Ziegler (FDP) sah schon die Stadtwerke „zur Öko-Bude verkommen“, und Günter Niederbremer (CDU) fürchtete glatt, ökologisch verordnete Grenzwerte könnten durch die gesetzlichen Richtlinien gebremst werden.
Umweltsenator Ralf Fücks gestand ohne Schönfärberei die „bestürzende Kluft“ ein zwischen „parteiübergreifend unstrittigen Einsichten“ über Co-2-Ausstoß und Klima-Veränderungen „gegenüber dem, was tatsächlich geschieht“. So sei es leider nicht gelungen, den Fernwärme-Ausbau im Sanierungspramm festzuschreiben. Mit den Stadtwerken sei die Behörde nun „in einem mühsamen Prozeß“. Der Hintergrund: Die Stadtwerke hatten sich in den letzten Wochen laut zu Wort gemeldet und sehr für Fernwärme geworben - wollen aber 30 Millionen Anschubfinanzierung vom Land, was die Absicht indirekt, aber wirkungsvoll zu torpedieren droht. Die Verhandlungen laufen.
„Ob und wann“ das Weserkraftwerk komme, sei offen, bekannte Fücks, Technik, koordinierte Planfeststellungsverfahren und Finanzierung seien zu klären. Der Grüne Walter Ruffler hatte die „peinliche Situation“ befürchtet, daß dieses Projekt regenerierbarer Energie, „von Grünen in der Opposition durchgesetzt, mit Grünen in der Regierung scheitern könnte“. Fücks klar: „Wir wollen das Kraftwerk, es ist uns real und symbolisch wichtig!“ Und gab an die CDU zurück: „Eine Bonner CO-2-Steuer würde das sofort rentabel machen! Wenn beim Atomstrom Forschung und Entsorgung zu Buche schlügen, wären Sonne, Wasser und Wind unschlagbar!“ Durch bloße Geräte-Modernisierung sei im Haushalt eine Co-2- Halbierung möglich, wie die Stadtwerke-Musterfamilie gezeigt habe. Gleiches gelte in der Industrie. Im Verkehr sei jedoch eine „radikale Begrenzung schon des Status Quo“ nötig, wie „dramatische Veränderungen in Technologie und Verhalten“. S.P.
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