Fragwürdige Berechnung

■ Verkehrsverwaltung: Kosten für "Olympia-Express" "unter 150 Millionen Mark" / Zweifel an dieser Rechnung

Berlin. In Lausanne übergaben gestern Vertreter der Olympia GmbH dem Internationalen Olympischen Komitee die offizielle Berwerbungsschrift für die Olympischen Spiele im Jahr 2000. Damit ist Berlin, nach Ansicht des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen, auf die Zielgerade der Bewerbungsstrecke eingebogen. Auf diesem Endstück bis zum September diesen Jahres hat die Stadt allerdings noch einige Hürden zu überwinden. So liegt der Verkehrsverwaltung jetzt ein Gutachten zum „Olympia-Express“ vor, in dem die Kosten dieses „Herzstücks der Olympiabewerbung“ aufgelistet sind. Während in der Öffentlichkeit bereits Summen von über 250 Millionen Mark genannt wurden, erklärte der Sprecher der Verkehrsverwaltung, Tomas Spahn, gestern, daß es gelungen sei, „die Kosten für den Olympia-Express unter die ursprüngliche Schätzung von 150 Millionen Mark zu senken“. Wie das gelungen ist, war von der Verkehrsverwaltung allerdings nicht zu erfahren.

Der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion des Bündnis90/ Grüne, Michael Cramer, mutmaßt, daß dieses Ergebnis nur durch Schönrechnerei erzielt wurde. Er wisse, „daß die Verkehrsverwaltung in der Lage ist, Kosten zu fälschen“.

Ein wesentliches Problem beim Bau der „Olympia-Express“-Anlage sind die Sicherheitsauflagen des IOC. Danach müssen die Sportler während des Transportes von den Vertretern der Medien und von der übrigen Bevölkerung getrennt sein. Dies würde den Bau von drei getrennten Zugängen zu den Bahnsteigen bedeuten, eine Vorgabe, die mit den bestehenden Bahnanlagen kaum machbar ist. Diese müßten erheblich verlängert werden, oder auf den jeweiligen Stationen müßte ein zusätzlicher Bahnsteig gebaut und Extragleise für den Olympia-Express verlegt werden. Der Bau einer Bahnsteiganlage kostet zur Zeit im S-Bahn- Bau schätzungsweise 20 Millionen Mark pro Station. Für diese Aufwendungen will die Reichsbahn nicht aufkommen, sie trägt nur die Investitionen mit, die sie auch nach den Spielen nutzen kann. Deshalb ist nach wie vor auch unklar, wie die Kosten für die Anschlußstrecken vom S-Bahn-Ring zum Olympiastadion und zum olympischen Dorf in Ruhleben gedeckt werden. Sollten Extragleise verlegt werden, müßte zudem die Halenseebrücke verbreitert werden. Wenn Berlin die Olympischen Spiele haben wolle, müsse man den „Olympia- Express“ auch finanzieren, vertrat Spahn. Das exklusive Verkehrsmittel ist Bestandteil der Bewerbungsschrift. Die Frage sei nicht mehr ob, sondern lediglich wie gebaut werde, und da müsse nun die Olympia GmbH Wege finden. dr