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Neue Geiselaffäre?

■ Übt Bonn sich in Wohlverhalten gegenüber Iran, um Deutschen zu retten?

Berlin (taz) – Ein deutscher Staatsbürger ist im Iran wegen Spionage für den Irak zum Tode verurteilt worden. Ein Sprecher des Bonner Auswärtigen Amtes bestätigte der dpa auf Nachfrage diesen Sachverhalt und gab an, sein Ministerium wisse seit vielen Monaten von dem Fall, habe sich bisher aber im Interesse des Betroffenen nicht öffentlich geäußert. Außenminister Klaus Kinkel habe sich sehr engagiert für den Gefangenen eingesetzt, zuletzt am 14. Januar in einem Gespräch mit dem iranischen Außenminister Ali Akbar Welajati am Rande der Pariser Chemiewaffenkonferenz.

Mit dieser Meldung, die offenbar auf Informationen aus dem Iran zurückgeht, bestätigte dpa am Dienstag abend ein Gerücht, welches bereits länger kursierte und zuerst vom Burda-Magazin Focus öffentlich gemacht worden war. Die Bundesregierung, so die Gerüchteküche, werde vom Iran mittels zweier „Geiseln“ zu Wohlverhalten erpreßt.

Tatsächlich werden in Teheran zwei Deutsche seit längerem festgehalten. Einer von beiden, dessen Fall dpa aufgriff, wurde bereits vor einem Jahr wegen Spionage zum Tode verurteilt. Unklar ist, warum diese Information nun in die Öffentlichkeit lanciert wurde. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes läuft zur Zeit in Teheran eine Art Berufungsverhandlung, in der die Todesstrafe in eine Haftstrafe umgewandelt werden könnte. Dieses Ziel verfolgt die Bundesregierung seit längerem. Zuständig ist der Staatsminister im Kanzleramt Bernd Schmidbauer, der seinerzeit auch die letzten deutschen Geiseln aus Beirut abholte.

Der zweite Deutsche, der in Teheran festsitzt, ist ein Geschäftsmann aus Nürnberg, der nach wiederholten Interventionen der deutschen Botschaft in Teheran Haftverschonung erhielt und nun ohne Papiere festsitzt. Ein förmliches Verfahren gegen ihn ist noch nicht eröffnet, vielleicht darf er demnächst ausreisen.

Dieser Hintergrund bietet möglicherweise eine zusätzliche Erklärung für das Verhalten der Bundesregierung in zwei Fällen, die zu etlichen Spekulationen Anlaß gegeben hatten. Im Herbst letzten Jahres wurden in Berlin bei einem Attentat vier Kurden aus dem Iran ermordet, darunter der Chef der Demokratischen Partei Kurdistans aus dem Iran, Sadegh Charafkandi. Etliche Spuren dieses Attentats wiesen in Richtung iranischer Geheimdienst, offiziell wollte die Bundesanwaltschaft jedoch nichts davon wissen. Gegenüber dem Stern wurden Ermittler des BKA sogar ganz deutlich: „Auf unsere Arbeit wurde Einfluß genommen.“ Das BKA erhielt von Bonn das Signal: Finger weg von iranischen Offiziellen.

Auch die vornehme Zurückhaltung der Bundesregierung im Fall Rushdie könnte mit den Gefangenen im Iran etwas zu tun haben. Ein Interview, das Außenminister Kinkel der Zeit gerade zu Rushdie gegeben hatte, wird nicht erscheinen: Es wurde aus Rücksicht auf übergeordnete Interessen zurückgezogen. JG

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