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Im Politbüro regierte zuletzt eine Viererbande

■ Enquetekommission des Bundestages beriet Struktur der SED-Hierarchie

Berlin (taz) – Es gab keinen besseren Ort, an dem die Enquetekommission des Bundestages in Berlin hätte tagen können. Passend zum Thema „Die Machthierarchie der SED“ fiel die Wahl der Veranstalter auf den früheren Plenarsaal des Zentralkomitees des SED – für den Kommissionsvorsitzenden Rainer Eppelmann ein „Stein gewordener Ausdruck der Macht“. Ob Kommissionsmitglieder oder Wissenschaftler – sie waren sich einig, daß die SED im ersten Arbeiter-und-Bauern-Staat allgegenwärtig war. Eppelmann: „Vom Elternaktiv bis zum MfS waren alle Werkzeuge für den Machtanspruch der Partei.“

Den heute noch tristen, in Erdfarben gehaltenen Saal kannten die meisten der geladenen Zeitzeugen aus alten Zeiten. „Bestimmend für uns war das total andere System mit seiner totalen Verachtung für Demokratie und Parlamentarismus des Westens“, urteilte etwa das frühere Mitglied des Politbüros, Günter Schabowski vor den rund 300 Besuchern der Anhörung. Formell war das Politbüro zwar nicht die höchste Entscheidungsinstanz der Partei, es sei im Prinzip dem Zentralkomitee rechenschaftspflichtig gewesen. De facto hat sich die Rolle des Politbüros Schabowski zufolge aber im Laufe der Jahre verselbständigt. Weil die alte Parteiführung die Parteitage jeweils minutiös vorbereitete, sei nicht nur die Verabschiedung vorgelegter Beschlüsse, sondern auch die Wiederwahl der Führungsoligarchie garantiert worden. Für Manfred Uschner, einst stellvertretender Abteilungsleiter im Zentralkomitee, engte sich der Kreis der Mächtigen im Politbüro in den 80er Jahren schließlich auf eine „Viererbande“ ein: auf Generalsekretär Honecker, Wirtschaftsminister Mittag, Agitationschef Hermann und den Stasi-Chef Mielke. Zugang zum erlauchten Kreis hätte allenfalls noch der Chefdevisenbeschaffer Schalck-Golodkowski gehabt. Keinen Zweifel an der Letztverantwortlichkeit des Politbüros ließ auch der langjährige Leiter der staatlichen Plankommission, Gerhard Schürer, im Politbüro von 1973 bis 1989: „Ich halte es für notwendig, daß jeder von uns zu seiner Verantwortung steht.“ Er schilderte, wie sich auch die Beschlußfindung zunehmend verengte. Unter Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht sei es zwar nicht demokratisch zugegangen, immerhin aber nächtelang gestritten und Expertenmeinungen zugezogen worden. In der Ära Honecker seien die Politbürositzungen zu streng formalisierten Riten verkommen.

Hans Modrow, Ministerpräsident der Wende und früherer SED-Chef in Dresden, berichtete, wie er sich als Abteilungsleiter im ZK stets an die Vorgaben Honeckers zu halten hatte. Als er es einmal wagte, aus einem Manuskript für die DDR-Unterhaltungssendung „Ein Kessel Buntes“ die Worte „Kalbshaxe“ und „Salami“ zu streichen, da es diese Lebensmittel nicht zu kaufen gab, habe er sich prompt eine Rüffel Honeckers eingehandelt.

Die Unterstützung des greisen Honecker noch nach dem Amtsantritt Gorbatschows durch die Funktionärsriege führte Ex-ZK- Mitarbeiter Uschner darauf zurück, daß „es letztlich Feigheit und Angst vor dem sozialen Absturz war, aber auch vor dem Verlust der Freunde“. Wolfgang Gast

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