: Verbände als Anwalt der Natur
■ Gesetzenwurf für Niedersachsen / Was sind die Bremer Erfahrungen?
Die niedersächsische Landesregierung plant eine Änderung des Naturschutzgesetzes. Umweltverbände sollen künftig ein Klagerecht gegen umweltfeindliche Genehmigungen haben, wie es in Bremen, Hamburg, Hessen, Berlin, Brandenburg und im Saarland schon besteht.
Inwieweit können Umweltverbände in Bremen Entscheidungen beeinflussen?
Martin Rode, Diplombiologe beim BUND: Die Naturschutzverbände haben seit Mitte der 70er Jahren die Möglichkeit an Planverfahren teilzunehmen. Der Schwerpunkt liegt bei Verfahren für technische Anlagen. Wir nehmen Stellung dazu, allerdings wird unsere Meinung in den seltensten Fällen in die Entscheidung einbezogen.
Müssen die Naturschützer möglichen Umweltvergehen dann zuschauen?
Nein, seit 1979 gibt es die Möglichkeit einer Verbandsklage. Wir haben in Bremen erstmals 1983 gegen das Güterverkehrszentrum in Niedervieland geklagt. Wir konnten zwar noch kein einziges Bauvorheben verhindern, es mußten aber zum Beispiel im Fall des GVZs die Ausgleichmöglichkeiten drastisch erhöht werden.
Wie läuft eine Verbandsklage ab?
Die Verbandsklage erheben wir nach den Planfeststellungsverfahren, an denen wir ja beteiligt werden müssen, beim Verwaltungsgericht, wenn wir das Vorhaben als umweltgefährdend einstufen. Wir können das Vorhaben damit inhaltlich angreifen und Vorabgenehmigungen stoppen.
Kritiker der Erweiterung des Naturschutzgesetzes behaupten, daß damit zukünftig jedes Bauvorhaben verhindert würde.
Dieser Vorwurf ist Unsinn. Wir haben bei weit über einhundert Verfahren nur vier oder fünf Mal geklagt. Wir könnten es uns auch gar nicht leisten, wir wären innerhalb kürzester Zeit pleite. Wir stehen für die Klagen finanziell und rechtlich ein, das heißt wir müssen zahlen, wenn wir verlieren.
Es gibt für das Land Niedersachsen noch kein Klagerecht. Wie beurteilen Sie den Gesetzesentwurf?
Die Verbandsklage ist für Niedersachsen ein ganz großer Fortschritt. Bisher machten die Behörden das Naturschutzgesetz. Dies hoffen wir abstellen zu können.Man muß dabei den Hintergrund sehen, daß auf Bundesebene die Beteiligung von Umweltverbänden an Entscheidungen im Moment drastisch zusammengestrichen wird. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sinkt damit fast auf Null.
Also ungeteilte Freude über den niedersächsischen Gesetzentwurf?
Nein, es gibt Einschränkungen. So wie es im Entwurf vorgesehen ist, gilt er nicht für laufende Verfahren, wie die Gasleitung durch das Wattenmeer, die Europipe. Alles, wo sie wissentlich Scheiße gebaut haben, soll außen vor bleiben. Fragen: Marc Wiese
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