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Happy-End für Frösche

■ Uniklinik: Keine Froschversuche mehr / Auch den Biologen fehlt das Geld für die Versuchstiere

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den Biologen fehlt das Geld für die Versuchstiere

Gute Nachrichten für Frösche: Ab dem kommenden Sommersemester werden am der Uniklinik Eppendorf (UKE) keine Versuche mehr mit ihnen gemacht. Auf Vermittlung der Wissenschaftsbehörde wurden 220000 Mark aus den Rücklagen des UKE für Alternativ- Experimente locker gemacht. Damit ist der dreieinhalb Jahre währende Streit zwischen Professoren und Studenten beendet.

„Die Froschversuche waren eh nur ein Ritus, um die Medizinstudenten zwangsweise in die Reihe der Tierexperimentatoren einzugliedern“, sagt Georg Zeschwitz vom Fachschaftsrat Medizin. In jedem Psychologie-Praktikums fielen etwa hundert Laub- und Krallenfrösche der Qualifizierung des Ärtze- Nachwuchs zum Opfer. Die Studenten bekamen sie mit abgeschnittenem Kopf vorgesetzt, sollten Herz und Nerven herausschneiden und damit experimentieren. Kritik der Studenten: Die Versuche seien obsolet, da ersetzbar.

Und siehe da, ab kommendem Semester gibt's plötzlich für alle umstrittenen Versuchsmethoden eine froschfreundlichere Variante: So werden die Transportmechanismen der Zellen künftig nicht mehr an Laubfroschhaut, sondern an menschlichem Blut untersucht. Sogenannte „Tests der niederen Sinne“ werden durch Computersimulation ersetzt, und das Herzpraktikum am Frosch entfällt zugunsten umfangreicherer EKG-Untersuchungen am Menschen.

Das Happy-End im Froschstreit ist unter anderem Wissenschaftssenator Leonard Hajen zu verdanken. Er verhandelte schriftlich mit den Lehrern des UKE. Georg Zeschwitz glaubt aber auch, daß die Professoren mürbe geworden seien. Im Laufe der Zeit boykottierten immer mehr Studenten das Froschgemetzel, zuletzt nahmen 176 von 232 Studenten sogar die Eintragung von drei Fehltagen in Kauf. Auch unter den Biologen gab es Proteste. Höhepunkt der Frosch-Solidarität: Im Wintersemester 91/92 wurden zwölf Krallenfrösche vom „Kom-

1mando Kermit“ aus dem Labor des Zoologischen Instituts entführt.

Doch ein Hochschullehrer zeigt sich renitent: Der Biologie-Professor Lothar Renwrantz lehnt es ab, dem Beispiel des UKE zu folgen: „Mit solchen Vorschlägen können

1Sie bei uns nichts erreichen.“ Seiner Ansicht nach kann Computersimulation die Arbeit am Froschherz nicht ersetzen. Während Medizinstudenten am Menschen üben könnten, fehle den Biologen ohne dieses Experiment das chirurgische

1Fingerspitzengefühl. Allerdings werden seit letztem Semester auch dort keine Amphibien mehr enthauptet. Renwrantz: „Wir mußten sparen, da haben wir diesen Versuch gestrichen.“ Zufall oder mürbe geworden? Kaija Kutter

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