: Soundcheck
■ Meat Beat Manifesto / Sielwolf / Kevin Coyne / Superchunk
SOUNDCHECK
Heute abend: Meat Beat Manifesto/Sielwolf. Gepriesen von ihrem Label Cashbeat werden sie als „MetalSampleAtonalDanceCore- Experten“. In Wirklichkeit sind die fünf Jungs von Sielwolf nichts anderes als Technoiker, die anstatt „Bleeps“ und „Clonks“ Metal- Sounds verwenden. Auch die krachigen Passagen in ihren Midtempo-Songs rechtfertigen keineswegs die Bezeichnung „atonal“. Doch mit ihrem Stück „Das Neue Fleisch“ reichen sie hinsichtlich des Sounds, der Struktur und der Expressivität an die frühen Einstürzenden Neubauten heran. Obwohl dieser Vergleich durchaus gutgemeint ist, muß auch hier wieder betont werden: Im Prinzip bieten sie nichts Neues. Doch vielleicht entpuppen sie sich auf der Bühne als Genialiker. Vom Hauptact Meat Beat Manifesto darf man dagegen keine Überraschung erwarten. Ihr letztes Album Satyricon führte den Stil der vorhergehenden Werke nur fort: Kraftvoller, dichter Sound über HipHop-Rhythmen mit vielen, kleinen Sample-Schnipseln. Doch garantiertes Mittelmaß ist schließlich besser als nichts. Greta Eck
Große Freiheit, 22 Uhr
Morgen abend: Kevin Coyne. Kurz vor dem seelischen Abflug zu seinen Ahnen ist Kevin Coyne vor einigen Jahren dem kreativen Tod noch einmal von der Sackkarre gesprungen. In Nürnberg sah er im tiefsten Alkoholdelirium einen Engel namens Helmi und lebt nun im Frankenland mit diesem, wieder beschäftigt mit seinen orphischen Qualitäten.
Kevin Coyne ist einer jener Songwriter, die aus jedem ihrer Lebensabschnitte Geschichten zu singen haben, die mit den einfachsten akustischen Mitteln die größten Wirkungen erzielen und höchstens gelegentlich dem Rock-Teufel verfallen. Coynes letztes Werk Wild Tiger Love ist eine packende Collage aus expressivem Gitarrenspiel, Texten voller englischer Beobachtungsverschiebungen und Weisheit eines, der gelebt hat. Seine quarzige Stimme rollert und gurgelt, hechelt und umgibt sich mit rauhem Sanftmut, wie ihn Millionen weißer Rhythm'n'Blueser mit viel Souther Compfort sich anzutrainieren versuchen. Dort umsonst, hier mit viel Gewinn.
Kevin Coyne ist aber auch unfähig zum Erfolg, zu sehr er selbst, um sich zu wandeln. Davon zehrt seine Musik in all ihrer Einfachheit positiv. Wenn Coyne ansetzt um über Menschen aus Kneipen, Nachbarn oder erlittene Niederlagen zu singen, ist Zeitlosigkeit eine Versprechung. Hoffen wir, daß Coyne einen guten Tag und die richtigen Mitmusiker erwischt hat und daß sein Publikum, das in überwiegender Mehrzahl die Tiefe dieses Mannes nicht versteht und nur auf den geraden Beat mit dem Bierbauch wippt, seine letzten Reste Begeisterung empfindet. tlb
Große Freiheit, 22 Uhr
Morgen abend: Superchunk. Wieder eine Band, die aus Punk-Roots Popsongs macht, die den Standard amerikanischer Überlegenheit im Gitarrenbereich vorgibt, neu definieren zu können. Superchunk haben auf jeden Fall genug Freunde in Schwarz, um einmal pro Jahr in Hamburg aufzuspielen (neulich mit Mudhoney). Gut belegter Holzweg oder dreijähriger Bunsenbrenner?
Markthalle, 21 Uhr
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