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Getrüpelter Optimismus

■ Nur H. Trüpel sieht Zukunft des Medienzentrum Walle optimistisch

Mit eitel Freude wäre die Stimmungslage ungenau charakterisiert, die die Nutzergruppen des Medienzentrum Walle bei der gestrigen Pressekonferenz zur heutigen Eröffnung desselben vermittelten. Klar, alle sprachen pflichtgemäß davon, daß sie sich freuten über die neuen Räume, darüber, daß sie nun endlich bezugsfertig seien und das Zentrum überhaupt zustande gekommen ist. Und schön ist es ja auch geworden. Aber derzeit lastet auf allen Nutzergruppen die Furcht, die nächste Miete nicht bezahlen zu können. Geschweige denn die des nächsten Jahres.

Nur Helga Trüpel machte in Optimismus. Sie freue sich, sagte die Kultursenatorin, daß in diesen Zeiten ein solch vielversprechendes Projekt endlich an die Arbeit gehen könne. Schließlich sei das Medienzentrum Walle nicht nur inhaltlich ein wichtiges und zeitgemäßes Projekt, sondern darüberhinaus auch noch mit der Stärke der Kooperation verschiedener Gruppen gesegnet. „Für dieses Jahr ist die Finanzierung gesichert“, spielte sie ihren größten Trumpf aus und ergänzte etwas kleinlaut, daß die für das nächste Jahr dagegen noch ziemlich offen ist. Helga Trüpel versicherte jedoch alle Beteiligten ihres politischen Willens, dieses Medienzentrum zu erhalten und die Arbeit der beteiligten Nutzergruppen mit der notwendigen finanziellen Ausstattung zu ermöglichen.

Die Gruppen hören's gern, jedoch mit einer gehörigen Skepsis, denn bisher ist noch kein Pfennig des für 1993 zugesicherten Geldes auf die Konten der Initiativen geflossen. Um die Arbeit überhaupt aufrechterhalten zu können, müssen die Nutzer deshalb ihre privaten Konten plündern bzw. auf die Kreditfreudigkeit der Banken zurückgreifen. Letzteres zumindest kostet Zinsen. Und das schmerzt und verdirbt die Feierlaune.

Dennoch sind sich im Moment alle einig, daß das Medienzentrum Walle den kommenden Mittwoch, wenn sich der Senat zu einer Sondersitzung über die Finanzen trifft, überleben wird. Eine Woche nach der feierlichen Eröffnung kann man dieses Projekt nicht beerdigen, dessen Ausbau immerhin einen Betrag von über einer Million verschlang. Insofern herrscht Zuversicht unter den Nutzergruppen in Walle, solange sie llsich nämlich den Blick in die Zukunft verkneifen und ganz entspannt im Hier und Jetzt verharren. step

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