: Bremen düpiert Systemtechnik von STN
■ Feuerwehrleit-Computer wird nicht bei STN bestellt / Verwunderung in Fachkreisen
Der Bremer Technologie-Firma STN, die im Vulkan-Verbund auf Militärelektronik spezialisiert ist und verzweifelt „zivile“ Nutzanwendungen ihrer Entwicklungen sucht, ist das Thema unangenehm: Während Oldenburg, Hamm oder Göttingen, Aachen und Salzgitter für ihre modernen „Feuerwehrleitzentralen“, d.h. komplexe Computer-Anlagen zur Steuerung der Rettungseinsätze, nach Bremen gucken, hat die Bremer Feuerwehr ihr System bei der Konkurrenz in Karlsruhe geordert.
Als der CDU-Wirtschaftsexperte Schrörs in der vergangenen Sitzung der Bürgerschaft fragte, ob vielleicht dir Ausschreibung auf das mögliche Angebot der Karlsruher abgestimmt war, antwortete Finanzsenator-Kröning ausweichend: „Das kann ich hier nicht bestätigen.“ Wieso die Entscheidung so gefallen sei, müsse „näher untersucht“ werden - in der nichtöffentlichen Deputationssitzung.
Die Gründe, die die der Leiter des Rechenzentrums, Eugen Frerichs, angibt, klingen überzeugend: Das Angebot sei genommen worden, das die besten Leistunen und den besten Preis geboten habe. Kreuthler verfüge über eine mehrjährige Erfahrung mit einem „markteingeführten System“, das jetzt fortentwickelt werde.
STN dagegen führt gerade erst zusammen mit der Feuerwehr Oldenburg das Pilotverfahren für seine Entwicklung durch, Anfang 1994 wird es voll im Einsatz sein. Zudem lag das Angebot aus Karlsruhe bei 2 Millionen, das von STN bei 2,8 Millionen.
Der stellvertretende Systemverwalter EDV der Feuerwehr Hamm, Herr von Pichle-Lipinski, hat Erfahrungen mit dem alten, eingeführten System von Kreuthler: „Wir haben das seit sieben Jahren“ — und nur Probleme. „Alle Nase lang kommen die mit einer neuen Software, die wir immer wieder kaufen müssen“, klagt er. Deswegen hat sich Hamm jetzt für das Bremer Systemhaus STN entschieden und schon das Fahrzeugortungssystem Veloc von STN eingeführt: „Wir sind damit voll zufrieden. Wir wollen, daß jetzt alles aus einer Hand kommt“.
Auch die Feuerwehr Oldenburg, sagt deren Leiter Hanno Ritterbusch, setzt ganz auf STN. Wegen der vielfältigen Erfahrungen
hier den Feuerwehr-Anzug
Bremer Feuerwehrklamotten und Helme sollen nicht von den STN-Produkten computergesteuert werden Foto: Oberheide
im Rüstungsbereich traut Ritterbusch den Bremern technologisch viel zu. Er verspricht sich viel von den „kurzen Wegen“, falls es Pro
bleme gibt. Vor der Entscheidung hat Oldenburg konkurrierende Angebote geprüft und sich ganz eindeutig entschieden: Das Bremer System leiste mehr als andere, ist Ritterbusch überzeugt, es integriere nicht nur die Fahrzeugortung, sondern zum Beispiel auch Elemente der Verwaltung.
Der verantwortliche Leiter des Produktbereiches von STN, Hälsig, will sich zur Konkurrenz nicht äußern. Zum eigenen Angebot sagt er nur technisch sachlich: „Ich glaube, daß es etwas Vergleichbares bisher auf dem Markt nicht gibt.“ Das STN-System sei im engen Gespräch vor allem mit niedersächsischen Feuerwehren, also mit den Anforderungen der Praxis, entwickelt worden.
Die Bremer Entscheidung ist auch außerhalb Bremens mit Verwunderung registriert worden. Die Experten der Wiesbadener Firma DASY, die die Problemanalyse für Bremen erstellt und die das Anforderungsprofil in der Ausschreibung formuliert haben, sollen intern „mehr als überrascht“ gewesen sein und bezweifeln, daß die kleinere Karlsruher Firma die Anlage mit ihren neuen Anforderungen im vorgegebenen Zeitplan fertigstellen kann: „Weil die sowas noch nicht gemacht haben“, sagt ein Hamburger System- Experte, der nicht namentlich genannt werden will.
Auf solche konkreten Details der Angebote und der Konkurrenz-Bewertung will sich der Leiter des Bremer Rechenzentrums nicht einlassen: Das Firmengeheimnis, konkret: der „Bieterschutz“ verbietet die öffentliche Erörterung der Bremer Entscheidungskriterien. K.W.
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