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Staatshaushalt stieg um 4,6 Prozent

■ Staatsausgaben stiegen 1992 drastisch stärker als geplant / Kröning: „Wir leisten uns permanent Undinge“

Der Bremer Senat muß am kommenden Mittwoch nicht nur beschließen, wie 140 Millionen eingespart werden können, um den Haushalt 1992/1993 an die veränderte Konjunkturlage und die veränderten Steuereinnahme-Erwartungen anzupassen. Die Abschluß-Bilanz des Haushaltsjahres 1992 wird zudem ergeben, daß die Senatsressorts ihre Ausgaben nicht — wie veranschlagt — nur um 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert haben, sondern real um 4,6 Prozent. Dies erklärte Finanzsenator Volker Kröning in einem Gespräch mit der taz.

Diese Überschreitung des Haushaltsplans ist um so erstaunlicher, als in den ersten Monaten des Jahres kein ordentlicher Haushalt verabschiedet war und allen Ressorts nur die dringlichsten Ausgaben erlaubt waren. Für seine sparsame Ausgabenpolitik - mit 2,6 Prozent das Bremer Etat-Wachstum noch unter der von der Bundesregierung allen Ländern und Kommunen vorgegebenen Grenze von 3 Prozent — war Bremen in

Bonn sehr gelobt worden.

Mit einem Etat-Steigerungen von 4, Prozent würde Bremen sicherlich noch nicht an der Spitze der Ausgaben-Steigerer im Bundesvergleich liegen. Der hessische Rechnungshof hat kürzlich der Landesregierung vorgeworfen, das Tempo der Verschuldung des Landes sei um 7.5 Prozent gewachsen. Bayern soll

der Mann

noch weiter „vorn“ liegen. Aber diese Bundesländer müssen in Bonn auch nicht den Beweis ihres „Eigenbeitrages“ zur Eindämmung der Überschuldung vorzeigen wie Bremen.

Der Bremer Finanzsenator ist entsprechend sauer: „Wir reden vom Sparen und tun es nicht, anstatt es zu tun und nicht davon zu reden.“ Das miserable Ergebnis von 1992 wird Auswirkungen auf den Finanzspielraum für 1993, das zweite Jahr des Doppelhaushaltes, haben: „Wenn wir uns 1993 nicht wesentlich stärker anstrengen, werden wir nicht einmal die Auflagen des Sanierungsprogramms erfüllen. Dann ist Sense.“

Noch im laufenden Jahr 1993 will Kröning auch eine andere Konsequenz aus der fehlenden Haushaltsdisziplin der Ressorts ziehen: „Wir sind drauf und dran, diese Kameralistik tüchtig zu durchforsten und zu duchlüften.“ Im Klartext: Während in jeden marktwirtschaftlichen Betrieb am Monatsende Bilanz gezogen wird, um in Zwischenergebnissen den Verlauf der Ausgaben und Einnahmen permanent kontrollieren zu können, stellt der Großbetrieb Staat erst nach Ablauf eines Jahres fest, ob die beschlossenen Wirtschaftspläne eingehalten worden sind oder nicht.

Einzelne Ämter sollen deshalb verselbständigt und in privatwirtschaftlichen Formen geführt werden (“Ich werde dazu dem Senat in zwei Wochen eine ganze Liste vorlegen“).

Zudem will Volker Kröning schon 1993 „mindestens Monatskontrollen“ einführen. Der Bremer Finanzsenator sauer: „Wir leisten uns permanent Undinge, die in der Privatwirtschaft undenkbar sind. Dieser Konzern wird nicht bisher wirklich gemanagt. Der wurschtelt vor sich hin.“ K:W.

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