Ernst Albrecht will im Osten abkassieren

■ Der ehemalige Ministerpräsident von Niedersachsen als Glücksritter

Magdeburg (taz) – In Niedersachsen gibt für die politische Zukunft des ehemaligen CDU-Ministerpräsidenten Ernst Albrecht kaum noch jemand ein Stückchen Brot. Nachdem ihn sein sozialdemokratischer Herausforderer Gerhard Schröder aus Amt und Würden gejagt hatte, versuchte er, wie viele andere Glücksritter auch, sein Glück im deutschen Osten. Albrecht wurde Aufsichtsratsvorsitzender der Eisen- und Hüttenwerke Thale AG. Aber das reichte nicht. Gewohnt, den Chef zu spielen, wollte er auch in Thale auf den echten Chefsessel klettern. Für eine lumpige Mark kaufte er der Treuhand das Unternehmen ab. Und machte damit nach Ansicht von Kritikern das Geschäft seines Lebens.

Denn das Land Sachsen-Anhalt versüßte ihm die schwere Bürde des Unternehmertums damit, daß es die Übernahme der kompletten Altlastensanierung zusagte und für die Altschulden des Betriebes auch noch eine Landesbürgschaft von 80 Prozent übernahm. Jetzt soll das Land nach dem Willen Albrechts aber noch fünfeinhalb Millionen Mark drauflegen. Soviel verlangt der frischgebackene Chef der Eisen- und Hüttenwerke Thale für den Verkauf des Kinder- und Erholungsheims Güntersberge, das die Treuhand ihm ganz aus Versehen einfach mitverkauft hat.

Dabei war in den Verkaufsverhandlungen zwischen der Treuhand, dem Land Sachsen-Anhalt und Albrecht stets klar, daß die Erholungseinrichtung vor dem Verkauf aus dem Betriebsvermögen ausgegliedert und an das Land übertragen wird. Aber das hat der Treuhand-Mitarbeiter, der schließlich den Kaufvertrag ausgearbeitet hat, schlichtweg vergessen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, daß Treuhand-Chefin Birgit Breuel einst bei Ernst Albrecht in Hannover am Kabinettstisch saß.

Das Land Sachsen-Anhalt will mit Albrecht nicht über den Kauf des Kinderheims verhandeln. „Wir gehen weiterhin davon aus, daß die Treuhand uns das Heim übertragen und den Kaufvertrag entsprechend revidieren wird“, sagt Klaus Kunz vom Magdeburger Sozialministerium. Was schwer werden wird, denn der Deal zwischen Albrecht und der Treuhand ist bereits rechtskräftig. Und mit Goodwill für eine Vertragsrevision kann die Treuhand bei Albrecht kaum rechnen. Der behauptet nämlich, daß er stets davon ausgegangen ist, daß er das Heim mit übernehmen und dann verkaufen kann. Den Verkaufspreis von fünfeinhalb Millionen Mark habe er, so Albrecht, schon fest in seiner Investitionsplanung für sein Unternehmen verankert. Ein Verkaufspreis, der an Wucher grenzt. Denn allen Treuhand-Verhandlungen lag stets ein Schätzpreis für das Heim in Höhe von nur 4,4 Millionen Mark zugrunde. Eberhard Löblich