: Mir scheint, mir träumt
■ Revue der wilden Bilder: Das Performance-Theater Second hand emotions von Stefan Kurt im Thalia
von Stefan Kurt im Thalia
Mediale im Thalia Theater - Stefan Kurt führt zur nächtlichen Stunde reimend in die Tiefe des Bühnenraumes, ins Medienland: „Mir scheint, mir träumt, ich bin im Märchenland“. Theater, Medien, Märchen als Orte oder Räume, in denen Geschichten erzählt, etwas vor- oder nachgemacht wird. Gefühle inklusive. Second hand emotions, wie Stefan Kurt letztere nennt - und jede Menge wirre Bilder.
Zehn Thalia-Schauspieler in salopper bis adretter Freizeitkleidung tragen große weiße Schilder über die Bühne: Auf diesen stehen Begriffe, wie zum Beispiel „Sehnsucht“, „Freude“, „Begeisterung“, „Schwachsinn“, „Unmut“ oder „Aufmerksamkeit“. Schließlich werden Schilder (und Begriffe) auf einen Scheiterhaufen geworfen.
Nächstes Bild: Bunte Luftballons fallen auf die Bühne herab. Zur Freude des Publikums mühen sich die Schauspieler damit ab, sämtliche Ballons kaputtzutreten.
Vor Diaprojektionen mit Nachrichtenschlagzeilen und Zeitungsfotos rezitieren die Schauspieler wild durcheinander: Hamlet, Faust, Penthesilea, des weiteren dann Geschichten und Erinnerungen. Klaus Rodewald putzt sich die Zähne, Anette Paulmann hustet und Charlotte Schwab schminkt sich die Lippen. Zwischendurch fallen alle tot um.
Von beiden Bühenseiten schieben die Schauspieler Stühle mit gestapelten Tellern über die Bühne: Eine Art Wettschleichen mit Ausweichmanöver. Michael Schönborn fallen die Teller vom Stuhl. Klaus Rodewald bricht beinah ein Stuhlbein ab.
Und noch ein Bild: Nach den Begriffen werden nun Kostüme aus dem Fundus vorgeführt und theatralisch zu Boden geworfen. Die Aktion wird aufgenommen, verfremdet und mit anderem Bildmaterial vermischt als Videoprojektion (Mediale!?!) auf die Leinwand gebracht. Die Gesichter der Schauspieler verschwimmen, die Identitäten werden verwischt. Dazu gibt's Musik von Mahler und immer wieder die ultimative Message: „Milch, Elefant“.
Drei weitere Einlagen ergänzen diese Nummernrevue um Gefühle, Bilder und Zeichen, so erzählt Sven-Erik Bechtolf noch ein Märchen zur guten Nacht. Natürlich steckt viel dahinter - und sicher ist noch mehr damit gemeint: Die Konfrontation der irrealen Bühnen- und Nachrichtenwelten, die große Medienblase, ein Abgesang ans Theater, das Verschwinden des Subjekts in der Wirklichkeit ...
An Aussagekraft unübertroffen bleibt jedoch das letzte Bild: Die Schauspieler tragen bunte batteriebetriebene Stofftiere zur Bühnenrampe, lassen sie laufen und verschwinden selbst im Hintergrund. Plötzlich ist alles klar: Bildungstheater, Kinderkram. Niels Grevsen
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