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Bundesweiter Hexenschuß

■ Die ARD-Spitze beharrt auf mehr Werbung, weniger Magazinen und Infokanal

Ihre Programm-Pressekonferenz nahm die ARD zum Anlaß, um frisch gestyltes Selbstbewußtsein zur Schau zu stellen: „Die ARD ist das marktführende Unternehmen.“ Zur Zeit verfügt das Erste neben den Werbeeinnahmen über rund 6,15 Milliarden Mark aus dem Gebührentopf. 20 Prozent des Budgets werden für das Programm aufgewendet, das die Direktoren nun umkrempeln wollen. Danach will der „Marktführer“ über drei bundesweite Programme verfügen.

Mit der abgeschlossenen „Voll- Harmonisierung“ der ARD sei ein „unternehmerischer Nachteil“ beseitigt, jetzt sei die „Schlagkraft“ in der Vermarktung zu erhöhen, „Bedarfsplanung“ zu betreiben. Die öffentlich-rechtliche Werbe- Milchkuh, mit Werbung auch nach 20 Uhr. Dazu ARD-Programmchef Günter Struve: „Das hilft den Programmen nicht, aber es hilft den Finanzen.“ So ist auch die Entscheidung, die sechs politischen Magazine – vier montags, zwei donnerstags – jeweils im 4-Wochen-Takt auf Sendung gehen zu lassen, nur vorläufig: 1994 werden zwei auf jeden Fall aus dem Ersten, wenn nicht gar ganz verschwinden.

Die jetzigen Dritten werden zum bisherigen Ersten umfunktioniert. „Mit großem Erfolg“ sei bereits die Übernahme der Regionalprogramme dorthin verlaufen, die Januar-Bilanz weise sogar Zuschauer-Zuwächse gegenüber vorher aus. Sinnvoll sei eine „Verdichtung“, um Mittel einzusparen. Nicht jedes Dritte müsse so viel Eigenes machen, Hexenschuß sei schließlich für Bayern das gleiche wie für Nordlichter. „Die Kooperationsmöglichkeiten sind längst nicht ausgeschöpft.“

Wie die ARD ihren neuen, eigenen Nachrichtensender zusammenmischt, soll schon nächsten Monat entschieden sein. Daß es ihn geben wird, steht fest. „Wir müssen einen eigenen Informationskanal machen“, sagte Struve, „um das Feld nicht der Konkurrenz zu überlassen.“ Einwände, daß die gerade erst am TV-Himmel aufgegangenen privaten News-Starlets Vox und n-tv offenbar weniger hell erstrahlen als erhofft, mochten die Herren aus der ersten Reihe nicht als Widerspruch akzeptieren: die würden sich „völlig verändern“, jetzt schon müsse „Vox“ sich seine Zuschauer mit Maigret-Filmen holen. Man selber könne das Feld weiterentwickeln, schiele nicht etwa auf die große Zuschauerzahl, sondern setze auf Qualität.

Die Transformation vom kulturorientierten Satellitenprogramm 1plus in einen Informationskanal soll mit halbstündlicher Unterbrechung des derzeitigen Programms für Nachrichten-Einblendungen beginnen. Sie soll „aus eigener Kraft gestemmt“ werden, werbefrei und „kostenneutral“ sein. Was damit gemeint ist, beschreibt Struve: „Sie müssen sich das so vorstellen: hier habe ich das Programm von ,1plus‘, das 40 Millionen kostet“ – Struve formt mit der Hand eine Schale, kippt sie nach unten, formt erneut eine Schale – „das fällt raus. Und hier habe ich das neue Programm von ,1plus‘.“ Die ARD steuert dazu außer den Nachrichten im 30-Minuten-Takt die Tagesthemen, das ARD-Morgenmagazin und Teile der jetzigen Dritten bei.

Der „liebe, gute Partner“ Deutsche Welle müsse „Leistungen einbringen, die Geld wert sind“. Struve nennt das Auslandsfernsehen, das „Rias-TV“ seit einem Jahr unter dem Dach der DW als Deutschland-Reklame in alle Welt verbreitet. Das alles werde man noch in diesem Jahr „intelligent zusammenmischen“. Unter dem Titel „Perspektiven 1993“ verkauft die öffentlich-rechtliche PR-Abteilung das ARD-Satellitenprogramm zur Zeit schon so: „1plus ist bereits jetzt ein deutschsprachiger Informationskanal im Ausland“. Ulla Küspert

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