: Umweltmarketing im Nadelstreifenanzug
■ Ostberliner Umweltbüro zählt 50 Mitarbeiter/ Geldverdienen nur mit „Know-how“
Was die Leute auf der Straße von seiner Arbeit wissen, schätzt Dirk Träger realistisch ein: „Bei den meisten ist da so gut wie nichts im Kopf.“ Kein Wunder – wer kann sich schon etwas unter der Berufsbezeichnung „Marketingleiter“ einer Firma „Umwelt & Technologie Consult“ (UTECON) vorstellen? Weil das Schlagwort Umwelt im Namen auftaucht, sagt Träger, fühlten sich die meisten sofort an hemdsärmelige Naturschützer erinnert: „Die glauben, wir bohren Löcher in die Erde und schauen, was dort unten passiert.“
Falsch gedacht, Träger rückt Schadstoffen in Boden, Luft und Wasser im Nadelstreifenanzug zuleibe. Die Umwelt-Ingenieure der Utecon schreiben beispielsweise Großbetrieben schwer verständliche Umweltgutachten ins Reine, schulen Mitarbeiter und helfen bei der Konzeption von naturschonenden Bauprojekten. Der Anspruch der Gruppe ist hoch: Die „ganzheitliche Betrachtung“ des Problems sei wichtig, sagt Träger, „Ökologie darf nicht auf Kosten der Ökonomie gehen und umgekehrt.“ Ob das immer zu vereinen ist, mag er nicht bestätigen, „aber machbar ist das schon“.
Im Februar '90 gründeten fünf Umweltwissenschaftler das in der DDR erste privatwirtschaftlich geführte Umweltbüro in Ostberlin. Mittlerweile hat sich das Büro etabliert: die Utecon hat fünfzig Mitarbeiter. Mittlerweile gibt es auch andere Unternehmen, die vergleichbare Dienstleistungen anbieten.
Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Konversion, der umweltverträglichen Entsorgung von Rüstungsgütern und der Umstellung von Rüstungsbetrieben auf privatwirtschaftliche Produktion. Der Informationsbedarf sei beträchtlich, sagt Träger, manche würden denken, sie können einen Panzer einfach auseinanderschweißen, „aber das geht so nicht“. Die Fachleute der Utecon wissen, wie man Militärfahrzeuge abwrackt, Munition birgt oder militärische Sonderabfälle erfaßt und entsorgt. Einer der Kunden: die Bundeswehr.
Eine Neuerung auf dem Gebiet des Umweltschutzes ist das Umwelt-Informationssystem, das die Informatikabteilung in den letzten Jahren aufgebaut hat. Relevante Daten, etwa zur Luftreinhaltung, Abfallmanagement oder Gesetzgebung, werden gespeichert und können von Behörden, Kommunen und Unternehmen per Computer abgerufen werden.
Die Datenbank wird auf der UTECH vorgestellt und vor allem bei Fachleuten auf Interesse stoßen. Träger wünscht sich zwar, daß „sich mal ein Laie in unsere Seminare verläuft“, doch das wird wohl kaum passieren. Oder wer – außer dem Referenten Eberhardt Weiß aus Dresden – kann sich unter dem Thema „Die zirkulierende Wirbelschicht als umweltfreundliche Verbrennung bei der Entsorgung von Munitionstreibmitteln aus delaborierter Munition“ etwas vorstellen? Holger Gertz
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