■ Die Grenze zu Polen ist Seiters Obsession: Grenzdienst fürs Vaterland
Die Ersatzarbeitsplätze für all die abgewickelten Stahlkocher in Ostdeutschland sind gefunden. Die Arbeiter, die gestern in Eisenhüttenstadt an der Oder aus Protest gegen ihre drohende Entlassung auf die Straße gingen, wären besser zu Hause geblieben. Bundesinnenminister Seiters hat sich ihner schon angenommen: 1.600 Hilfssheriffs werden für die deutsche Ostgrenze gesucht – zur Unterstützung des überforderten Bundesgrenzschutzes bei der Abwehr der „Asylantenfluten“, die doch bald ohnehin kein Asyl mehr beantragen dürfen. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der ungewöhnlichen Art.
Doch nicht nur die Stahlkocher dürfen sich freuen. Seiters Initiative taugt auch trefflich zur sozialen Reintegration von jugendlichen Randgruppen, die, perspektivlos, von allen DDR-Werten verlassen, auf der Suche nach einem neuen Lebenssinn sind: „Ausländer klatschen“. Die Bürgerwehren und Skinhead- Banden müssen dem Dienst fürs Vaterland nicht länger unbezahlt nachgehen, sondern können als „einsatzbereite, pflichtbewußte Mitarbeiter“ (Ausschreibungstext) im Staatsdienst auf entsprechende Bezahlung hoffen. Entkriminalisierung nennt man sowas, und wenn der Plan nicht von Seiters wäre, hätte man ihn glatt einem Kupfer zugetraut.
Radargeräte, Infrarot, BGS und Hilfssheriffs: Unser Bundesinnenminister läßt nichts unversucht, Deutschlands Grenzen vor illegal Einreisenden zu sichern. Vielleicht erinnert sich Seiters ja noch an den Vorschlag der sächsischen FDP, die jüngst die Errichtung von Grenzzäunen empfahl. Mit einer gewissen Mauer hat das alles natürlich überhaupt nichts zu tun. Sie verhinderte schließlich, daß unsere Brüder und Schwestern aus der Zone in die Freiheit reisen konnten. Und welcher gute Deutsche hat schon einen Bruder in Rumänien? Klaus Hillenbrand
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