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Bananenregime entzweit EG-Staaten

EG-Minister verhängen Einfuhrbeschränkungen über lateinamerikanische Bananenimporte/ Kolonial- produkt soll geschützt werden/ Deutschland als Einfallstor für Dollar-Bananen  ■ Von Erwin Single

Berlin (taz) – Daß es in Europa keine größere Farce gibt als die Agrarpolitik der Gemeinschaft, ist hinreichend bekannt. Die neueste Posse aus dem Brüsseler Technokratenkabinett jedoch ist an Absurdität kaum mehr zu überbieten. Rund ein Jahr hatte die EG auf allen Ebenen darüber beraten, ob für der Deutschen liebste Südfrucht, die Banane, eine neue Marktordnung geschaffen werden sollte. In der Nacht zum Sonnabend beschloß der EG-Ministerrat nun, dem Vorschlag der Kommissare zu folgen und die billigen Dollar-Bananen aus Mittel- und Südamerika mit einem zwanzigprozentigen Einfuhrzoll zu belegen und darüber hinaus den Import auf jährlich zwei Millionen Tonnen zu begrenzen. Gegen die Stimmen Deutschlands, Belgiens und der Niederlande verhängten die Minister ein Bananenregime, das den Verbrauchern wohl kaum schmecken dürfte – die Bananen werden dadurch um ein Drittel teurer.

Doch die ansonsten leicht verdaulichen Frücht haben auch der Gemeinschaft kräftig auf den Magen geschlagen. Die Mitgliedsländer gerieten sich über die Einfuhrbeschränkungen für das Kolonialprodukt derart in die Haare, daß sich jeder schlichte Beobachter letztendlich fragen mußte, ob die hochbezahlten Agrarminister, Staatssekretäre und Landwirtschaftsminister denn nichts Wichtigeres zu tun hätten, als ausgerechnet über Bananen zu verhandeln. Daß die gelben Dinger jedoch kein gewöhnliches EG-Agrarprodukt sind, das zeigen die handfesten Interessen der einzelnen EG-Staaten. Vor allem Frankreich und Spanien wollten ihre Bananen aus Überseegebieten und den Kanaren besonders geschützt wissen, die sich trotz staatlicher Subventionen gegenüber den hauptsächlich über US-amerikanische Food- Konzerne vertriebenen Dollar-Bananen auf dem Markt nicht durchsetzen konnten. Frankreich etwa berief sich, selbstverständlich zum Schutz von Wählern und Bananenbauern, auf eine Sonderregelung mit den AKP-Staaten, die in dem Lome-Abkommen seit Jahrzehnten festgehalten ist. Die kleineren und doppelt so teuer produzierten Bananen von dort werden seit jeher als Gemeinschaftsbananen behandelt – im Gegensatz zu den größeren Früchten aus Mittel- und Südamerika. Die Plantagenbetreiber aus den Überseegebieten, zu deren Anwalt sich die Franzosen aufschwangen, befürchteten jedoch, durch die Liberalisierung mit dem EG-Binnenmarkt zunehmend unter die Räder zu kommen. Die Dollar-Bananen wiederum genossen zumindest in der Bundesrepublik einen Sonderstatus: Die EG-Partner hatten sich bereits 1957 in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) den deutschen Geschmacksinteressen gebeugt und die zollfreie Einfuhr von Dollar-Bananen für den Eigenbedarf bewilligt. Das Ergebnis: In die EG wanderten jährlich rund 600.000 Tonnen zollfreie AKP-Bananen; nach Deutschland wurden jedoch allein nahezu zwei Millionen Tonnen aus Lateinamerika importiert. Doch damit ist jetzt Schluß. Deutschlands neuer Agrarminister Jochen Borchert aber will die deutschen Interessen weiter wahren – er erwägt eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Seiner Meinung nach kann das EWG-„Bananenprotokoll“ nämlich nur einstimmig geändert werden.

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