: SPD-Kompromiß beim Solidarpakt
■ Lafontaine-Papier für Arbeitsmarktabgabe Mitte 93 und Verschiebung der Ergänzungsabgabe/ FDP will gar nichts
Bonn (dpa/AP/taz) – Eine Arbeitsmarktabgabe für Selbständige und Beamte zur Jahresmitte 93, eine Ergänzungsabgabe für Besserverdienende jedoch nicht vor Beginn kommenden Jahres, lautet die Kompromißlinie, mit der die SPD die nächste Runde des Bonner Solidarpakt-Pokers eröffnet. Das geht aus einem Koordinationspapier hervor, das gestern unmittelbar vor den beginnenden Solidarpakt-Beratungen der Parteispitze bekannt wurde. Die zeitliche Splittung ist neu, ein anderes Essential der SPD bleibt: Die „unsozialen Kürzungen bei Sozialhilfe, Arbeitslosenunterstützung, Wohngeld, BAföG und Erziehungsgeld“, so das von Oskar Lafontaine vorgelegte Koordinationspapier, werden „von der SPD abgelehnt“.
Abgelehnt wurde am Wochenende – wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen – auch bei der FDP. Ihr Vorstand sprach sich nach einer Sondersitzung gegen die Einführung einer Arbeitsmarktabgabe sowie gegen die Neuauflage des Solidaritätszuschlages vor 1995 aus. Die Absage paßt gut zur These des FDP-Vorsitzenden Otto Graf Lambsdorff, der nach der Sitzung kundtat, er glaube nicht, daß die Mitte März anberaumte Klausur von Regierung, SPD und den Ministerpräsidenten erfolgreich sein werde.
Das 20 Punkte umfassende Koordinierungspapier der SPD sieht eine Ergänzungsabgabe nur für höhere Einkommen ab 60.000 Mark für Ledige und 120.000 Mark für Verheiratete vor. Eine erneute Mehrwertsteuererhöhung wird abgelehnt. Auch die geplante Einführung einer Autobahn-Vignette mißfällt der SPD als „sozial unausgewogen und ökologisch unsinnig“.
Für den Aufbau Ostdeutschlands hält die vermittelnde Position Lafontaines zusätzliche Anstrengungen gegenüber dem Konsolidierungsprogramm der Bundesregierung „nicht erst ab 1995“ für erforderlich. So hält die SPD im Rahmen des Solidarpaktes wirksame Sofortmaßnahmen für den Aufbau der neuen Länder und die Bekämpfung der Rezession in den alten Ländern für unumgänglich. Dazu wird ein Zukunftsinvestitionsprogramm mit einem jährlichen Volumen von „mindestens zehn Milliarden Mark“ vorgeschlagen. Das Papier soll dazu dienen, „die unterschiedlichen Positionen und Diskussionsbeiträge zusammenzubinden und die SPD auf eine gemeinsame Linie zu führen“. Als Ziele des Solidarpakts nennt Lafontaine „Aufschwung in Deutschland, Aufbau Ost, ökologische Erneuerung und soziale Gerechtigkeit“. Die Bundesregierung solle „ihren bisherigen Konfrontationskurs“ beenden. Die Einheit müsse auf eine solide und dauerhafte finanzielle Grundlage gestellt werden.
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