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Kitschkampfverwirrungen

■ Tsui Harks „Tung Fong Bat Bai“ (Swordsman II) im Forum

Die Schwerter wirbeln, Kämpfer fliegen, ein braves Pferd bricht auseinander, ein abgeschlagener Kopf schwirrt durch die Luft, und sein Mund öffnet sich zu einem letzten „Bye“: kein Zweifel, wir sind in einem Schwertkampffilm aus der Produktion Tsui Hark, genauer gesagt in „Swordsman II“, dem Fortsetzungsfilm des durch „A Chinese Ghost Story“ (I+II) auch in der Videothek an der Ecke zu einiger Berühmtheit gelangten Regisseurs Ching Siu Tung.

Ein Jahr ist vergangen, seit Ling, ein junger Schwertkämpfer, und Kiddo Wah Mountain verlassen haben. Von den Taten ihres in shakespeareschen Außmaßen korrumpiert-delirierenden Meisters abgestoßen, wollen sie der Welt der ,martial arts' entsagen und sich mit ihren Kameraden zurückziehen. Doch wie die diversen älteren Kommissare der Filmgeschichte werden sie noch einmal gebraucht, um mit dem Bösen aufzuräumen, denn Meister Wu, der Vater von Ling — ein asketisch wirkender Weiser, der in seinem weltverlassen-irren Kichern an den Dichter Han Shan erinnert — befindet sich in der Gewalt seines machtbesessenen Untergebenen Fong. Ling befreit Wu; Fong hat sich, um seine Schwertkünste zu perfektionieren, in eine Frau umwandeln lassen, und eilt als unbesiegbare ,Asia' nun durch den Film. ,Asia' ist der Onkel von Ling. Ling verliebt sich unbekannterweise in Asia und meint mit ihr zu schlafen...

Die labyrinthische Handlung ist in Blau und Nebeltöne getaucht und wird von diversen Running Gags unterbrochen. Was sich so kompliziert anhört, ist es tatsächlich und oft nicht zu begreifen, zumal der Regisseur vor allem Wert auf ausufernd inszenierte, bis zum Lächerlichen hin mit Special effects bestückte Kampfszenen legt.

Das, was Tsui Hark gerade in „Peking Opera Blues“ zur Meisterschaft gebracht hatte — die Verbindung von Dramaturgie der Geschichte und großartigen Kampfszenen — kippt in „Swordsman II“. Zwar amüsiert man sich als Zuschauer, doch nimmt man kaum noch Anteil am Schicksal der Filmhelden. Da hilft auch nicht die Einführung neuer Kampfstile, die stets mit Ansage gekämpft werden – neben Schwertern attackiert man sich mit Schlangen, Skorpionen oder auch kleinen Nadeln, die besonders perfide durch die Gegend schwirren, Adern treffen und sie aus dem armen Körper zerren. Und ein wenig vermißt man auch die Jugendlichkeit und Schönheit, die die Filme der Meister des Genres ansonsten auszeichnen. Sicher wird sich der Fan aufwendig inszenierter Hongkong-Filme auch „Swordsman II“ nicht entgehen lassen; weniger eingefleischte Filmfreunde sollten sich lieber auf den neuen Tsui Hark-Film „Once upon in China II“ (am 20.2.; 24 h im Delphi) oder auf den King-Hu-Klassiker „Ein Hauch von Zen“ (17.2.; Filmpalast) freuen. Detlef Kuhlbrodt

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