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Dämpfer für Einigungspläne auf Zypern

Bei den Präsidentschaftswahlen gewinnt der konservative Glavkos Clerides/ Jetzt unterstützen nur noch die Vereinten Nationen ihren eigenen Plan zur Vereinigung Zyperns  ■ Von Klaus Hillenbrand

Berlin/Nikosia (taz) – Der neue Staatspräsident Zyperns heißt Glavkos Clerides. Mit einer hauchdünnen Mehrheit von nur 1.972 Stimmen setzte sich der Konservative bei den Stichwahlen am Sonntag gegen den bisherigen Amtsinhaber Georgios Vassiliou durch. Clerides erhielt 50,28, sein Rivale 49,72 Prozent unter den rund 390.000 Wahlberechtigten. Die Wahl des Parteichefs der „Konservativen Sammlung“ (DISY) bedeutet einen deutlichen Dämpfer für die UNO-Pläne zur Wiedervereinigung der seit 1974 geteilten Insel.

Clerides hatte sich im Wahlkampf für Nachverhandlungen bei den Vereinten Nationen ausgesprochen. Der UNO-Plan sieht die Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats aus der von Griechen bewohnten Republik und dem türkisch besetzten Norden vor. Die von Vassiliou akzeptierten UNO-Vorschläge sehen ferner eine Verkleinerung des türkisch besiedelten Gebiets von jetzt 38 auf 28 Prozent des Inselterritoriums sowie eine begrenzte Niederlassungsfreiheit und Freizügigkeit vor. In einem Zweikammerparlament soll das Unterhaus entsprechend der Stärke der ethnischen Gruppen, das Oberhaus dagegen im Verhältnis 50 zu 50 besetzt werden. Der Chef der zyperntürkischen Minderheit, Rauf Denktasch, hatte den Plan schon im letzten Jahr abgelehnt. Sollte Clerides jetzt seine Ankündigung wahrmachen und Nachverhandlungen verlangen, bleiben nur noch die Vereinten Nationen selbst, die ihren eigenen Plan unterstützen. Die für kommenden Monat vorgesehenen Gipfelgespräche in New York stehen deshalb in den Sternen.

Hinzu kommt, daß sich Clerides nur durch ein Abkommen mit der nationalistischen „Demokratischen Partei“ (DIKO), dessen Kandidat Paschalides in der ersten Wahlrunde gescheitert war, den Wahlsieg sichern konnte. Die DIKO-Anhänger lehnen den UN- Plan ab und verlangen einen Abbruch der Gespräche. Ob sie jetzt mit ein paar Pöstchen abgefunden werden oder die Politik mitgestalten dürfen, bleibt abzuwarten.

Allerdings wird Clerides die Verhandlungen wohl kaum sang- und klanglos beenden. Dagegen sprechen die langjährigen diplomatischen und politischen Erfahrungen, die der 73jährige schon gesammelt hat. Er gehört zu den altgedienten Politikern auf der Mittelmeerinsel, der schon in den fünfziger Jahren auf der Bühne mitmischte. Nach der Unabhängigkeit Zyperns im Jahre 1960 wurde er Parlamentspräsident. Schon zweimal hat er sich vergeblich um das Präsidentschaftsamt beworben. Positiv könnten zukünftige Gespräche mit den türkischen Zyprioten dadurch beeinflußt werden, daß er schon in den sechziger Jahren mit deren Chef Denktasch verhandelte, den er noch aus gemeinsamen Studentenzeiten in Großbritannen kennt. Rauf Denktasch, „Präsident“ der international geächteten „Türkischen Republik Nordzypern“ im besetzten Teil, begrüßte denn auch gestern die Wahl von Clerides.

Denktasch hatte den UN-Plan abgelehnt, weil er seiner Meinung nach die eigene ethnische Gruppe zu stark beachteiligen würde. Insbesondere widersetzt er sich der deutlichen Verkleinerung des türkisch besiedelten Gebiets, weil dadurch zu viele seiner Landsleute zum Umzug gezwungen würden. Der besetzte Teil ist in den letzten 15 Jahren mit etwa 70.000 bis 80.000 Siedlern aus der Türkei aufgefüllt worden, die meist die Häuser geflüchteter griechischer Zyprioten bewohnen.

Auf der zyperngriechischen Seite wiederum wird der Plan kritisiert, weil nicht alle der etwa 165.000 Flüchtlinge aus dem Zypernkrieg von 1974 in ihre Heimat zurückkehren könnten. Ferner beharren konservative Zyperngriechen auf der Rückgabe allen Eigentums, das die Vertriebenen vor 19 Jahren überstürzt zurücklassen mußten.

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