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Die Todesschwadronen Ruandas und die Paris-Connection

■ Während der Bürgerkrieg sich verschärft, belasten internationale Menschenrechtsgruppen Ruandas Präsidenten

Berlin (taz) – Mehrere hunderttausend Flüchtlinge in der Hauptstadt Kigali, die Guerilla wenig mehr als 30 Kilometer vor der Stadt und eine immer heftigere Kontroverse um politische Gewalt: der neu aufgeflammte Bürgerkrieg im zentralafrikanischen Ruanda könnte Präsident Juvenal Habyarimana, der schwerster Menschenrechtsverletzungen beschuldigt wird, in ernsthafte Bedrängnis bringen.

Eigentlich hatte sich die Regierung und die Guerillabewegung „Ruandische Patriotische Front“ (RPF) im vergangenen Juli auf einen Waffenstillstand und die Ausarbeitung eines Friedensabkommens geeinigt, das die Reduzierung der Armee, die Rückkehr der Bürgerkriegsflüchtlinge und die Eingliederung der Rebellen in die Regierung vorsah. Damit sollte der im Oktober 1990 begonnene Kampf der RPF-Rebellen enden. Sie rekrutieren sich hauptsächlich aus Mitgliedern der Tutsi-Minderheit und sehen Ruandas Regierung als Regierung der Hutu-Mehrheit. Die Hutu hatten 1959 die seit Jahrhunderten herrschende Tutsi-Elite gestürzt, worauf viele Tutsi ins Ausland geflohen waren.

Das Friedensabkommen blieb größtenteils Theorie. Insbesondere die Frage politischer Reformen wurde nie endgültig geklärt, und auch jetzt noch wird im tansanischen Arusha weiterverhandelt. Doch sehr schnell regte sich in Ruanda Widerstand gegen eine Schwächung der Regierungspartei MRND. MRND-Anhänger organisierten im Januar in der Hauptstadt Kigali Massendemonstrationen gegen den Frieden. Ende Januar starben 300 bis 400 Tutsis bei einem Massaker durch MRND- nahe Milizen im Nordwesten Ruandas. Daraufhin nahm die RPF den Kampf wieder auf, den sie letzte Woche bis auf 32 Kilometer vor die Tore Kigalis trug, bevor sie einen Waffenstillstand verkündete. Hunderttausende von Menschen – 500.000 nach Angaben der Regierung – flohen vor den Rebellen nach Kigali, wo die Regierung zu internationaler Lebensmittelhilfe aufgerufen hat. Am Montag verkündete auch die Regierung eine Waffenruhe – für eine Woche.

Kriegsverbrechen von Armee und Rebellen

Der Termin ist gut gewählt. Denn nächsten Montag, wenn die Waffenruhe der Regierung enden soll, ist die Veröffentlichung eines internationalen Berichts über die Menschenrechtslage in Ruanda vorgesehen, der insbesondere die Regierung schwer belastet.

Schon zuvor waren politische Morde durch regierungsnahe Todesschwadronen bekanntgeworden, die zum Teil vom Schwager des Staatspräsidenten direkt in Auftrag gegeben und von staatlichen Stellen unterstützt wurden (taz vom 24.11.92). Die internationale Untersuchungskommission, die vom 7. bis zum 21. Januar in Ruanda weilte, kommt ihrerseits zum Schluß, daß sowohl Regierungsarmee wie auch Rebellen massive „Kriegsverbrechen“ begangen haben. Übergriffe der Regierungstruppen werden bestätigt wie auch Bombardierungen von Lagern zurückgekehrter Flüchtlinge durch die RPF. Des weiteren werden die Aktivitäten der Präsidenten-nahen Todesschwadronen verurteilt. Die Menschenrechtsorganisation Africa Watch, die an der Untersuchung teilnahm, sprach bereits Ende Januar von zwei „Massengräbern“ mit Opfern des Staatsterrors in den Regionen Gisenyi und Ruhengeri.

Die Untersuchungskommission beklagt außerdem Einschüchterung: Alison Desforges von Africa Watch berichtet, bei ihrem Abflug von Kigali habe ein Präsidialgardekapitän einer begleitenden ruandischen Menschenrechtsaktivistin erklärt, er werde alle Personen umbringen lassen, die mit der Kommission zusammenarbeiteten, falls sein Name im Untersuchungsbericht auftauche. Und die ruandischen Menschenrechtsorganisationen haben in einer gemeinsamen Erklärung das Massaker an Tutsis im Nordwesten wenige Tage nach Abreise der Kommission, das als Motiv für die Wiederaufnahme des Krieges durch die RPF diente, als Racheakt nach der Anwesenheit der Kommission gewertet.

Ins Zwielicht gerät auch die Rolle der französischen Soldaten in Ruanda, deren Zahl nach Beginn der jüngsten RPF-Offensive von 150 auf 300 erhöht wurde. Während die 50 Militärbeobachter der „Organisation Afrikanischer Einheit“ (OAU), die nach dem Waffenstillstandsabkommen von Juli 1992 in Ruanda stationiert wurden, eine Beteiligung der Franzosen an den Kämpfen auf Regierungsseite gesehen haben wollen, wird dies in Paris und Kigali dementiert. Wenn französische Soldaten im Kampfgebiet um Ruhengeri präsent waren, so Paris, dann lediglich, um Flüchtlinge zu evakuieren. Bestätigt wird aber, daß ruandische Soldaten von Franzosen ausgebildet werden – auch im Militärlager Bigogwe, wo angeblich auch Zivilisten des Tutsi-Volkes gefangengehalten werden.

Die Veröffentlichung des Menschenrechtsberichts könnte den äußeren Druck sowohl auf Kigali wie auch auf Paris erhöhen. Belgien hat bereits angekündigt, seine Entwicklungshilfe an Ruanda zu „überdenken“, falls die bekanntgewordenen Vorwürfe an die Regierung Ruandas sich bewahrheiten sollten. Die RPF-Rebellen haben bereits den Abzug der französischen Soldaten gefordert. Eher entlastend für die Regierung ist dagegen die Verurteilung der RPF wegen Bruchs des Waffenstillstands durch die EG-Kommission am Montag, was wohl auf französischen Druck zurückgeht. Dominic Johnson

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