Tote Hose in der "Zentrale"

■ Der Jugendclub "Zentrale" wurede im Januar zum vierten Mal in anderthalb Jahren geschlossen / Während das Bezirksamt prüft, stehen die Kids auf der Straße / Zukunftspläne gibt es, dohc die Räume fehlen jetzt

Friedrichshain. Die Kletterleitern und die Punchingballs im selbstgestalteten Sportraum dürfen nicht benutzt werden – die Decke droht herunterzukommen. In der Küche des Jugendclubs „Zentrale“ hat sie das schon getan – nur noch wenige Spanplatten verdecken die in Stroh eingebetteten Kabel. In der Küche liegt das furnierte Plastik des ehemaligen Mobiliars mit anderem Sperrmüll auf dem Boden, nur eine Einbauschrankwand hält sich tapfer. Aus Sicherheitsgründen ist das Betreten verboten. Da es auch weder Lüftung noch Schallisolierung gibt, ist der Club seit Januar geschlossen. Die Jugendlichen treffen sich wieder im benachbarten Park und trinken Bier. „Hier sitzen wir jeden Abend und wissen nicht, was wir machen sollen“, sagt eine der Jugendlichen. „Voll öde, der Club fehlt echt“, stimmt Focki ihr zu. Manche gehen auch in andere Clubs, die jedoch die Neuen meist nicht gern sehen. „In den letzten anderthalb Jahren wurde der Club dreimal über längere Zeit gschlossen“, erzählt Peggy. Mal wurden die sanitären Anlagen renoviert, mal wurde das Gebäude als baufällig erachtet. 50 bis 60 Jugendliche nahmen regelmäßig an den von Clubleiter Holm Krämer organisierten Video- und Theaterprojekten und Gruppenfahrten teil.

„Als ich im August 91 wieder provisorisch aufgemacht habe, haben die Jugendlichen viel in Eigeninitiative renoviert“, sagt Krämer und weist auf den „selbstgemalerten“ Aufenthaltsraum, die vom Sperrmüll organisierten Möbel, die buntlackierten Rollos. Ohne Heizung habe man im Winter bei Temperaturen um den Gefrierpunkt zusammengesessen. Die schließlich für den Notbetrieb angeschlossenen Heizkörper ließen im Februar auch die marode Elektrik zusammenbrechen.

Nachdem die Jugendlichen den Club im Mai symbolisch besetzt hatten, sorgte das Bezirksamt für eine Gasheizung und neue Elektrik. Von den beantragten 80.000 Mark für eine Zwischendecke hörte man allerdings nie wieder etwas. „Wir wollen keine leeren Versprechungen mehr, wir fordern verbindliche schriftliche Zusagen!“ forderten die Jugendlichen auf einem offenen Abend im Januar, zu dem sie auch Politiker eingeladen hatten. „Jugend mit Zukunft? Uns fällt hier die Decke auf den Kopf“, moniert Peggy.

„Ich kann die Ungeduld der Jugendlichen verstehen, aber wir stecken auch in Zwängen“, sagt Bezirksbürgermeister Helios Mendiburu (SPD). Da auf das Gebäude ein Rückübertragungsanspruch eines Alteigentümers gestellt sei, dürfe das Bezirksamt als Mieter keine Investitionen tätigen. Wegen des jederzeit kündbaren Mietvertrags sei ohnehin nur mit einer mittelfristigen Nutzung an diesem Standort zu rechnen.

Acht der zehn Friedrichshainer Jugendclubs befinden sich in gemieteten Räumen, was er nicht für sinnvoll hält. „Im Bereichsentwicklungsplan ist der Bau und die Einrichtung neuer Jugendclubs in landeseigenen Gebäuden vorgesehen. Aber die Jugendlichen wollen natürlich jetzt einen vernünftigen Raum.“ Das Bezirksamt wolle daher bei der Instandsetzung bis an die Grenze der Legalität gehen.

„Wir haben bei einer Besichtigung der Räumlichkeiten festgehalten, welche Arbeiten so notwendig sind, daß man sie unter Havarieschäden verbuchen könnte“, sagt Jugendstadtrat Frank Wilde (CDU). Das Bezirksamt habe einstimmig beschlossen, die Gelder zur Verfügung zu stellen. Die Bauarbeiten könnten im April beginnen, da man erst prüfen müsse, ob eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft die Arbeiten übernehmen könnte. „Wir rechnen damit, daß der Club Anfang Juli bezugsfertig sein wird.“

Clubleiter Holm Krämer weiß noch nichts davon. „Die waren schon so oft da, um Mängellisten zu erstellen“, sagt er resigniert. „Zuletzt wurde uns gesagt, die Bauarbeiten seien im April abgeschlossen, das kann ich mir nun nicht mehr vorstellen.“ Mit seinen noch Ende des letzten Jahres eingestellten zwei Kollegen plant er seit sieben Wochen ins Blaue. „Wir erarbeiten ein Konzept nach dem nächsten und wissen nicht mal, ob wir überhaupt wieder aufmachen können.“ Corinna Raupach