: Mit "Brandstifter" Lummer nicht diskutieren
■ Wegen zahlreicher Proteste: Diskussionsveranstaltung zu Thema Gewalt im Kieler Schauspielhaus vor der Absage
: Diskussionsveranstaltung zum Thema Gewalt im Kieler Schauspielhaus vor der Absage
„Es macht keinen Sinn, geschützt durch einen Polizei-Kordon über Gewalt zu diskutieren“, weiß Walter Hollender, der erste Dramaturg des Kieler Schauspielhauses. Doch dazu wird es kommen, sollte ein Streitgespräch über die „Gewalt in unserer Gesellschaft“ wie geplant am kommenden Samstagabend, dem 27. Februar, in den Räumen des Theaters stattfinden. „Wir werden die Veranstaltung verhindern“, kündigte das Kieler Bündnis gegen Rassismus und Abschiebung an. Eine Demonstration ist bereits angemeldet, Blockaden geplant. Die aber werden kaum nötig sein. „Alles läuft auf eine Absage hinaus“, verrät Hollender.
Der Grund für den Protest: Kontrahent von Egon Bahr, dem Leiter des Hamburger Friedensforschungsinstituts, soll auf dem Podium der CDU-Rechtsaußen Heinrich Lummer sein. Die Kieler AntifaschistInnen hatten das Schauspielhaus aufgefordert, die „Einladung an Lummer zurückzuziehen“, und Bahr gebeten, seine „Zusage zurückzuziehen“. Bahr aber will mit Lummer offensichtlich in den Ring steigen und erklärte gestern, er werde „auf keinen Fall absagen“.
Es sei „völlig falsch“, heißt es in einem offenen Brief des linken Bündnisses, „einem der Produzenten dieser Gewalt“ durch eine solche Einladung „die Würde eines Demokraten zu verleihen, mit dem sich sachlich über rassistische Gewalt diskutieren läßt“. Den „geistigen Brandstiftern mit Schlips und Kragen“ dürfe „kein öffentliches Forum zur Verbreitung ihrer Hetze geboten werden“, sie seien „aus dem öffentlichen Diskurs über solche Themen auszuschließen“.
Lummer hatte schon 1986 gefordert, das Asylrecht aus dem Grundgesetz zu streichen. Er unterhielt jahrelang einen Briefwechsel mit der NPD-Funktionärin Ursula Schaffer, trat als Redner bei einer Großveranstaltung der „konservativen Aktion“ auf und sprach sich für Koalitionen der CDU mit den Republikanern aus, die für ihn „im Zentrum der Verfassung“ stehen.
„Hier wird uns Gewalt angetan“, bewertet Hartmut Lange, Vorsitzender des Fördervereins „Freunde des Theaters Kiel“, der die Veranstaltung organisiert hat, die Androhung der Antifa-Gruppen, die Diskussion zu verhindern. Natürlich sei dem Verein immer klar gewesen, daß Lummer „ein ganz schlimmer Finger“ ist. Ziel sei es aber gewesen, „extreme Diskussionspartner“ in den Clinch zu schicken, statt guter Demokraten, die sich nur gegenseitig bekräftigen, „daß wir doch alle gegen Gewalt sind“. Ob man sich dem „Druck von außen beugen“ und die Veranstaltung absagen werde, will der Förderverein am heutigen Mittwoch entscheiden.
Sollten sich die Initiatoren wider Erwarten nicht zu einer Absage der Diskussion durchringen, dürfte das Schauspielhaus die Notbremse ziehen. Dramaturg Hollender, der die Veranstaltung moderieren sollte, hält es für „sinnlos, das Ganze unter diesen Vorzeichen noch über die Bühne zu bringen“. Auch er halte es für falsch, „Lummer ein Forum für seine schlimmen Thesen“ zu bieten, und habe deshalb „schon frühzeitig dafür plädiert, die Veranstaltung zurückzuziehen“. Die Einladung Lummers durch den Förderverein sei „von Naivität geprägt“ gewesen, räumt der Künstler ein, gibt aber zu: „Auch bei der Forderung der Antifas, Menschen vom öffentlichen Diskurs gänzlich auszuschließen, bekomme ich Magenschmerzen.“ Marco Carini
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