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Versuchte Kindesabschiebung

■ 14jähriger rumänischer Junge vor Abschiebung bewahrt

Berlin/Erfurt. Einzig dem Engagement verschiedener Helfer hat es ein 14jähriger rumänischer Junge zu verdanken, daß er nicht unter Bruch internationaler Kinderschutzabkommen abgeschoben wurde. Florin M. saß vorgestern unter Polizeigewahrsam im Flughafen Schönefeld und sollte mit der Abendmaschine nach Rumänien „zurückgeschoben“ werden, obwohl seine Eltern dort nicht leben oder nicht auffindbar sind. Inzwischen befindet er sich wieder in einem Erfurter Kinderheim.

Verantwortlich für die versuchte Abschiebung ist Gerd Zechert, Leiter der Erfurter Ausländerbehörde. Florin M. sei vor einer Woche „bei irgendeinem Diebstahl“ aufgegriffen und ins Heim gebracht worden, so seine Darstellung gegenüber der taz. Sein Vater sei hier im Mai 1992 als Asylbewerber abgelehnt worden und danach untergetaucht, „und seitdem streunert der Junge herum“. Von daher habe er diese Anordnung treffen müssen – „ob mir das leid tut oder nicht, aber ich habe die Gesetze nicht gemacht“.

Ganz offensichtlich kennt er sie auch nicht: Kinder dürfen nicht ins Nirwana geschickt werden. Dieser Meinung war auch eine Erzieherin des Erfurter Kinderheims, die darauf bestand, den Jungen nach Schönefeld zu begleiten. Eine andere Person alarmierte Rita Kantemir, Flüchtlingsberaterin und Fraktionsassistentin der Berliner Grünen. Als der Junge schon auf dem Flughafen festsaß, liefen die Telefone heiß. Der Berliner Flughafensozialdienst, die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR und die Erfurter Ausländerbeauftragte mühten sich gleichzeitig um das Kind. Nach einem Anruf des UNHCR verweigerten die hiesigen Bundesgrenzschützer schließlich die „Übernahme“ des Jungen: Er durfte wieder zurück nach Erfurt. Zur gleichen Zeit versuchte ein vom Flughafensozialdienst eingeschalteter Anwalt, beim zuständigen Verwaltungsgericht in Weimar eine einstweilige Verfügung gegen die Abschiebung zu erwirken. Das Ergebnis lag trotz Eilbedürftigkeit bei Redaktionsschluß noch nicht vor.

Das alles sei geradezu „skandalös“, so ein Mitarbeiter des Flughafensozialdienstes gestern. Man könne keinen Jungen ohne Eltern und ohne Vormund abschieben – und offenbar habe man in Erfurt zu allem Überfluß auch noch vergessen, einen amtlichen Vormund zu bestellen. usche

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