: Kartons und Flaschen
■ CDU-Abgeordneter liest Studie
Berlin (taz) – Wolfgang von Geldern hat offenbar einen Karton vorm Kopf. Der CDU-Abgeordnete und Vorsitzende des Umweltausschusses des Deutschen Bundestages verkündete gestern, Getränkekartons seien zumindest für die Verpackung von Frischmilch deutlich ökologischer als Mehrwegflaschen. Eine wissenschaftliche Studie habe das Credo, Mehrwegflaschen seien für Getränke in jedem Fall umweltfreundlicher, vom Tisch gefegt.
Das Bundesumweltministerium seines Parteifreundes Klaus Töpfer dementierte von Gelderns Erkenntnisse indigniert. Die Art, wie der Abgeordnete mit Zwischenergebnissen einer Studie umgehe, sei unseriös. Von Geldern schade der Verpackungspolitik des Ministeriums. Minister Töpfer sagte, er würde es begrüßen, wenn auch von Geldern bei der Bewertung wichtiger Studien „auf belastbare Ergebnisse“ warten würde.
Das mit der Studie beauftragte Fraunhofer-Institut betonte, daß für die ökologische Bewertung der Getränkekartons gerade „die Umweltbelastungen aus der Abfallwirtschaft ... sowie die Energie-, Emissions- und Abfallströme aus dem Recycling“ noch fehlten. Der Chef des Umweltbundesamtes (UBA), Heinrich von Lersner, hatte in der vergangenen Woche angedeutet, daß die Kartonindustrie diese Informationen zurückhalte. Die wollen die Primärdaten nicht rausrücken, hieß es auch gestern wieder im UBA. Ohne überprüfbares Zahlenmaterial sei aber keine seriöse Studie möglich.
Konsequenzen forderten der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) und die Bundestagsgruppe Bündnis 90/ Grüne. Die „Einwegflasche“ von Geldern solle als Ausschußvorsitzender zurücktreten. Der Abgeordnete selbst verteidigte sich mit der Bemerkung, er habe keine geschäftliche Verbindung zur Verpackungsindustrie. Eine Firma in seinem Wahlkreis stelle nur Dosen her. ten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen