: Guten Appetit auf Kunst
■ Ein Kunststättenführer für den Bremer Raum und umzu / Mehrere Entdeckungen und einige Karteileichen
Wußten Sie, daß der westfälische Mönch Rolevinck mit seinem im 15. Jahrhundert gesprochenen Satz „Frisia non cantat“ ein Vorurteil begründete, an dem kulturelle Oberzentren wie Bremen heute noch zu knacken haben? Dieser Gottesmann meinte, der Norden habe keine Kultur; dabei ist das Gegenteil der Fall! Beweis: der „Kunstführer Region Oldenburg Bremen“ von Birgit Gatermann (Hg.), der letztes Jahr herauskam.
Museen, Kunstverein, private und halbprivate Initiativen und Galerien — alles aufgelistet. Letztere wurden nach den Kriterien „Professionalität und verantwortungsvolles Engagement“ ausgewählt. In Bremen erscheinen daraufhin natürlich (?) fast alle bekannten Namen, und der Bogen spannt sich von Rolf Ohses Expressiven bis zu Katrin Rabus' Reduzierten, vom piekfeinen Graphischen Kabinett, der ältesten Galerie Bremens, bis zu den taufrischen DruckgrafikerInnen in der Hohentorsheerstraße. Wir werden auf das zu wenig beachtete, ambitionierte Programm der Galerie im Winter in Schwachhausen hingewiesen und bekommen Lust auf eine Landpartie nach Delmenhorst (Städtische Galerie) oder nach Fischerhude (auf der Modersohn-Route).
Im wesentlichen ist der Kunstführer gut recherchiert — naturgemäß bleibt er völlig unkritisch, besonders wenn erwähnte Kunststätten zugleich Inserenten sind. Wir verdanken die Informationen Lüneburger Kulturwissenschaft-StudentInnen und ihrem Seminar: „Einen Kunstführer machen“. Allerdings geht die Zeit gerade im Galerienbereich immer weiter: Man findet bald Karteileichen. Immer noch wird der „Kampf“ des Wolfgang Stemmer (Fotoforum) gerühmt, wo der Mann schon längst in Australien ist und die Idee ad acta gelegt. Und die Latino-Galerie El Patio macht gerade eben dicht. Eben darum ist es sinnvoll, daß das Buch mit einer kurzlebigen Klebebindung ausgestattet ist — Lebensdauer maximal ein Jahr.
In einem Fall verbreitete der Kunstführer für ein knappes Jahr die Unwahrheit, und heute stimmt's schon wieder: Das Radziwill-Haus in Dangast erhält jetzt doch Zuschüsse vom Land Niedersachsen und wird demnächst wieder regulär geöffnet. Weil Franz Radziwill 1995 seinen Hundertsten hat. Bus
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