: Einer muß gesund bleiben Von Andrea Böhm
In dieser Zeitung ist schon zur Genüge über den trägen Laufstil Bill Clintons gelästert worden – kein Wort mehr darüber. Es ist an der Zeit, die Fitness-Passion dieses Mannes ernst zu nehmen. Noch vor Sonnenaufgang schlurft er nun auch durch Washingtons Straßen, weswegen der Secret Service nicht nur früh aufstehen, sondern auch ab und an den Verkehr zum Erliegen bringen muß. Die Lösung ward schnell gefunden: Der Präsident bekommt eine eigene Rennbahn im Garten des Weißen Hauses. Nun kostet ein präsidialer Sprintbelag um die 30.000 Dollar, und Bill Clinton sieht nicht ein, warum er das aus eigener Tasche bezahlen soll. Denn hätte er sich nicht so selbstlos in den Dienst der Nation gestellt, könnte er jetzt ohne Aufsehen oder Verkehrschaos weiterhin durch Little Rock traben.
Gerade hat Bill Clinton angekündigt, die Steuern erhöhen zu wollen. Auf diese Weise, so denkt der Laie, dürften 30.000 Dollar wohl zusammenkommen. Michael Jordan, Basketball-Genie bei den „Chicago Bulls“, müßte nach dem Clinton-Plan allein 2,6 Millionen, Tennisfeudel Andre Agassi 810.000 Dollar mehr an den Fiskus abführen. Monica Seles würde mit einem lauten Stöhnen noch einmal 621.000 Dollar drauflegen. Dafür könnte der Präsident das ganze White House in ein Sportstudio umbauen lassen. Allerdings würde eine solche Verwendung mühsam abgerungener Steuergelder einen schlechten Eindruck aufs Volk machen, dem seit ein paar Wochen ständig etwas von Opferbereitschaft, Sparzwang und enger zu schnallenden Gürteln erzählt wird. Ergo sucht Clinton nach Spendern und Sponsoren. 20.000 Dollar fehlen noch. Wer da gespendet hat, wird sich an zukünftigen Redemanuskripten des Präsidenten erkennen lassen. Man achte auf geschickt eingeflochtene Werbeslogans in Ansprachen zur Gesundheitsreform: „Life is short. Play hard“ (Reebok). Oder der schmissige Aufruf an den Kongreß, die Steuern doch noch einmal zu erhöhen: „Just do it“ (Nike).
Nur das Pentagon hat die Sache mit der Geldnot wieder einmal völlig falsch verstanden – und dabei gleich den Verteidigungsminister auf die Intensivstation befördert. Les Aspin, des Tennis- und Squashspiels leidlich mächtig, darf auf ärztliches Anraten bis auf weiteres weder das eine noch das andere betreiben, nachdem er am Sonntag mit Atemnot und Herzbeschwerden ins Krankenhaus eingeliefert wurde.
Daß Aspin Probleme mit dem Herzen hat, ist bekannt. Doch der jüngste Anfall ist darauf zurückzuführen, daß er sich vor einer geplanten Reise nach Somalia im Büro durch die hauseigenen Grenada-, Panama-, Golfkriegs- und sonstwas-erprobten Ärzte gegen Typhus hat impfen lassen. Oral verabreicht, kostet der Impfstoff 1,90 Dollar, mit der erfreulichen Nebenwirkung, daß er keine hat. Weil aber gerade im Pentagon schon immer vorbildlich gespart wurde, griff man zur billigeren Variante und impfte den Chef für 35 Cents per Injektion. Wissenschaftlich festgestellte Nebenwirkungen: Übelkeit und Fieber. Immerhin: Bei diesem Vorgang wurden 1,55 Dollar gespart. Die wird man hoffentlich als Geste des guten Willens für die Rennbahn Bill Clintons spenden. Damit wenigstens der gesund bleibt.
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