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Die Vox der Sozis

■ Wie die SPD in NRW brav Bertelsmännchen macht

Nun ist es quasi amtlich: Die regierende SPD in Nordrhein-Westfalen hat dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) Fernsehfrequenzen entzogen als Strafe für nicht parteigenehme Berichterstattung. Das, was schon seit Monaten als Flurfunk im Sender gemunkelt wurde, ist nun aktenkundig geworden. Reinhard Grätz, der Statthalter der nordrhein-westfälischen SPD-Landtagsfraktion im WDR-Rundfunkrat, hat dort zu Protokoll gegeben, daß der Frequenzentzug die Quittung für das kritische landespolitische Magazin „Westpol“ und andere, wenig konforme Berichterstattung ist.

Ins Bild von der Strafaktion paßt auch, daß bei der Diskussion um die terrestrischen Frequenzen des Info-Senders Vox kein Wille zum Kompromiß seitens der SPD- Landtagsfraktion erkennbar war. Bei gutem Willen hätte es ja auch ein Tausch der Frequenzen getan: Der WDR hätte für seine Regionalprogramme die Kanäle des ursprünglich für Vox vorgesehenen Sat.1-Sendernetzes bekommen können. Eine Erbpacht hatte der Kirch/Springer-Sender darauf nicht: Derzeit wird die Lizenz ohnehin neu ausgeschrieben.

Grätz und der SPD-Medienexperte Büssow fungieren lediglich als parlamentarische Wadenbeißer. Das eigentliche Machtzentrum der SPD-Medienpolitik sitzt in der NRW-Staatskanzlei unter Wolfgang Clement. Dort wird um den Bertelsmann-Konzern herum an einem „liberalen“ Gegengewicht zum Kirch-Imperium geschmiedet– ohne Rücksicht auf Fragen der Medienkonzentration. Da trifft es sich gut, daß Clement einstmals Chefredakteur der Bertelsmann-Zeitung Hamburger Morgenpost war und das zuständige Vorstandsmitglied für elektronische Medien im Gütersloher Konzern ein ehemaliger SPD-Finanzminister ist: Manfred Lahnstein.

Da geht das schon mal – wie am 14. Dezember – auf Zuruf, daß Clement Bertelsmann-Chef Mark Woessner, RTL-Oberaufseher Gaston Thorn und WAZ-Geschäftsführer Schumann in die Staatskanzlei bittet, um im Streit um die Vox-Beteiligungen zu vermitteln. Politiker Clement sieht sich sogar dazu befugt, den Luxemburgern und den Essenern eine Übernahme von Vox-Anteilen aus Beständen der Westdeutschen Landesbank anzubieten. „Da wurde regelrecht gedealt“, zitiert Klaus Ott im Fachblatt Funk-Korrespondenz den WAZ-Manager Schumann.

Für die rechte Opposition im Düsseldorfer Landtag gibt es an dieser Stelle keinen Ansatz für Kritik an der Regierung, haben doch CDU und FDP aus ideologischen Gründen begeistert mit für den Frequenzentzug gestimmt. Es bleibt lediglich zu hoffen, daß das Verfassungsgericht aus Anlaß der WDR-Klage gegen den Frequenzentzug sich noch einmal besinnt und die Sozi-Mauscheleien zum Anlaß nimmt, die Grundversorgungsfunktion der Öffentlich- Rechtlichen zu stärken. Es kann nicht angehen, daß die Informationsfreiheit von mehr als 4 Millionen Menschen in NRW den strategischen Interessen der SPD untergeordnet wird. Jürgen Bischoff

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