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Koalition: Angst vor der ABM-Wirtschaft

Abgeordnete der Koalitionsparteien lehnen Verantwortung für ABM-Bewilligungsstopp ab/ SPD: Bundesregierung bekämpft statt der Arbeitslosigkeit die Arbeitslosen  ■ Aus Bonn Tissy Bruns

Die ostdeutsche SPD-Abgeordnete Regina Kolbe zählt eine lange Liste von Projekten auf, die im Lauf der nächsten Monate ihre Arbeit einstellen oder reduzieren müssen. Essen auf Rädern, eine Sozialstation, eine Initiative für psychisch Kranke — ohne Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen haben sie nur noch eine beschränkte Perspektive oder gar keine. „Persönlich sehr bitter“ vermerkt Kolbe, daß besonders Frauen betroffen seien. Vier Frauen über Fünfzig, natürlich Langzeitarbeitslose, eine verheiratete Frau mit drei Kindern und arbeitslosem Mann — das sind in ihrem Umfeld typische Fälle, denen AB-Maßnahmen immerhin eine Hoffnung gegeben haben. Die fällt nun weg.

Der ABM-Bewilligungsstopp, den der Präsident der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit Ende letzter Woche verkündet hatte, war Thema einer aktuellen Stunde des Bundestags, die die SPD gestern beantragt hatte. „Statt Arbeitslosigkeit bekämpft die Bundesregierung die Arbeitslosen“, eröffnete Ottmar Schreiner, SPD- Sozialexperte, die zeitweise heftig geführte Debatte.

Die Opposition attackierte die Bundesregierung: vor allem bei ihr, nicht bei der Bundesanstalt läge die Verantwortung für das ABM-Debakel. Die hessische Frauen- und Sozialministerin Heide Pfarr erinnerte daran, daß bereits bei der 10. Novelle des Arbeitsförderungsgesetzes gewarnt worden sei. „Wir haben nicht vergessen, daß Bonn schon 1992 die Haushaltsmittel für ABM um mehr als die Hälfte zurückgeschnitten hatte.“ Auch sie wies darauf hin, daß im Lauf dieses Jahres nicht nur viele Arbeitslose die Brücke ABM verlieren, sondern zugleich die Infrastruktur von sozialen und ökologischen Projekten in sich zusammenbrechen wird.

„Wer alles auf einmal vervespert, hat dann nichts mehr auf dem Teller“, meinte demgegenüber Hans-Joachim Fuchtel (CDU). Die Koalitionsparteien fühlten sich nicht in der Verantwortung. Die Nürnberger Bundesanstalt habe das ihr zustehende Geld eben vor der Zeit verbraucht und zu Recht habe der neue Präsident Bernhard Jagoda dann die Notbremse ziehen müssen. Auch Bundesarbeitsminister Blüm zog sich auf die Haushaltsdisziplin und hinter die Nürnberger Verantwortlichen zurück. ABM, wozu er stehe, sei aber nur eine Brücke. „Wir können nicht anstelle der alten DDR-Planwirtschaft eine ABM- Wirtschaft“ einziehen. Haushaltsexperte Gero Pfennig (CDU) empfahl sogar, die Haushaltsverstöße der Bundesanstalt per Bundesrechnungshof zu überprüfen. Auf seine Anfrage an die SPD, aus welchen Töpfen denn zusätzliche Finanzmittel für ABM kommen sollten, kam eine eindeutige Antwort leider nicht.

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